Unter den bereits seit vielen Jahrzehnten erforschten archäologischen Objekten in Bulgarien ist der sogenannte Hünen-Hügel – 8 Kilometer von der südbulgarischen Stadt Pasardschik entfernt. Bereits bei den ersten Grabungen 1939 stellte sich heraus, dass es sich um einen Siedlungshügel handelt, doch viel mehr konnte nicht ermittelt werden, denn es bahnte sich der Zweite Weltkrieg an. Erst als der Krieg zu Ende war, konnten weitere Ausgrabungsarbeiten eingeleitet werden, die sich jedoch auf 4 Jahrzehnte erstreckten. Es stellte sich heraus, dass dieser Ort eine überaus lange Siedlungsgeschichte aufweist. Mehr erfuhren wir vom Archäologen Dr. Jawor Bojadschiew, der die jüngsten Grabungsarbeiten leitete:
„Die Funde weisen aus, dass dieser Ort frühestens um das Jahr 5.000 vor Christus besiedelt wurde“, erzählt der Archäologe. „Die ältesten Spuren stammen aus der Kupfersteinzeit. Aus jener Epoche konnten neun Siedlungen ausgemacht werden. Danach war der Ort ungefähr 1.000 Jahre unbewohnt, woraufhin sich in der frühen Bronzezeit erneut Menschen ansiedelten. Ganze 16 Siedlungen konnten aus jener Zeit identifiziert werden. Auch in der Epoche der Thraker war der Ort besiedelt, wie in der nachfolgenden römischen Zeit. Selbst das Mittelalter hat deutliche Spuren hinterlassen. Die Siedlungsgeschichte erstreckt sich also von 6.000 Jahre vor Christus bis ins 14./15. Jahrhundert und hat deutliche Schichten herausgebildet. Es gibt nur wenige solcher Orte in Europa und sie befinden sich überwiegend in der östlichen Hälfte der Balkanhalbinsel, in der auch Bulgarien liegt. Solche langlebigen Siedlungshügel gewähren einen guten Einblick in die Entwicklung der jeweiligen Kulturen in den einzelnen Epochen.“
Der Hünen-Hügel bei Pasardschik verdeutlicht die Zivilisationsgeschichte. Als bemerkenswert hebt Dr. Jawor Bojadschiew die Siedlungen der Kupfersteinzeit hervor. Man könne deutlich die Entwicklung erkennen: von einer kleinen Siedlung bis zur Herausbildung einer befestigten Akropolis – einer Zitadelle, was als Urbild der ersten Städte angesehen werden kann.
„Die größte kupfersteinzeitliche Siedlung, die wir erforscht haben, entspricht übrigens denen im Zweistromland, der Kultur der Sumerer; diese werden von amerikanischen, russischen, britischen, französischen und anderen Wissenschaftlern als Städte eingestuft“, hebt der Archäologe hervor. „Das heißt, wir können bei unserer Siedlung mit gutem Recht von der ältesten in ganz Europa sprechen, die bereits die Charakteristiken einer Stadt aufweist. Noch dazu ist unsere Siedlung rund 2.000 Jahre älter als ähnliche im Zweistromland und in Ägypten. Wir haben es also mit einer sehr frühen, gut entwickelten Kultur zu tun und dazu liegen vielfältige Beweise vor. Wir sind auf Keramik gestoßen, die allerdings stark fragmentiert ist – ganze Gefäße konnten wir nicht entdecken. Doch selbst die Bruchstücke zeugen von einem hohen Stand handwerklicher Meisterschaft und Technologie. Die Ornamente sind ihrerseits überaus geschmackvoll.“
An dieser Stelle wollen wir daran erinnern, dass bei den Ausgrabungsarbeiten eine Gold-Perle entdeckt wurde – ein überaus bemerkenswerter Fund, bedenkt man, dass er von der Goldbearbeitung im mittleren Chalkolithikum zeugt. Laut Dr. Jawor Bojadschiew ist diese Gold-Perle spätestens um das Jahr 4.600 vor Christus entstanden. Es könnte sich jedoch erweisen, dass sie noch viel älter ist. „Ich nenne das späteste gesicherte Entstehungsdatum, damit man uns nicht vorwirft, dass wir übertreiben würden“, meint der Archäologe. Eine endgültige Antwort auf das Alter des Fundes können einzig weitere Forschungsarbeiten an der Siedlungsschicht geben, in der er ans Tageslicht kam.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: Nationales Archäologieinstitut mit Museum und Regionales Geschichtsmuseum Pasardschik
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