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Tatjana Burudschiewa: „Unter Staatspräsident Radew ist keine neue Politik Bulgariens zu erwarten“

Foto: Privat

Nachdem Rumen Radew offiziell sein Amt als neuer Staatspräsident Bulgariens angetreten hat, steht nun die Frage, ob er der Unterstützung gerecht wird, die er von den Bürgern des Landes in den Wahlen erhielt. Über die Erwartungen, die an ihn geknüpft werden, unterhielten wir uns mit der Politologin Tatjana Burudschiewa:

Ich denke nicht, dass wir Überraschungen erleben und Rumen Radew seine Haltungen ändern wird, weder hinsichtlich der Innen-, noch der Außenpolitik“, ist die Politologin überzeugt. „Wir werden demnächst sehen, wie die von ihm aufgestellte Übergangsregierung aussehen wird. Das Besondere an dieser Regierung ist, das ihre Amtszeit unklar bleibt, denn die Regierungsbildung nach den vorgezogenen Parlamentswahlen wird sich als kompliziert erweisen. Es könnte der Fall eintreten, dass die Übergangsregierung länger als erwartet im Amt bleibt, so dass die Anforderungen an ihre Mitglieder wachsen werden.

Wie würden sie das Team von Präsident Radew einschätzen, fragten wir weiter die Politologin.

An den Sekretären des Präsidialamtes kann man die grundlegenden Prioritäten ablesen, die der Staatspräsident anvisiert“, meint Tatjana Burudschiewa. „Er konzentriert sich u.a. auf die Jugendpolitik, was zu den neuen Bereichen zählt, denen er offensichtlich ein besonderes Augenmerkt schenken wird. Bemerkenswert ist, dass die Palette der Räte erweitert wird. Auch muss man die Beziehungen zwischen Staatspräsident und seiner Stellvertreterin beobachten, weil das schon immer ein Problem in Bulgarien war.

Die Tatsache, dass Rumen Radew bei den Wahlen von der Bulgarischen Sozialistischen Partei unterstützt wurde, ließ die Schlussfolgerung zu, dass er eine prorussische Politik ansteuern werde. Welche Haltung ist zu erwarten?

Die politischen Kräfte, besonders die des rechten Spektrums, verbreiten gern die These, dass der neue Präsident eine geostrategische Umorientierung Bulgariens in die Wege leiten wird“, sagt Tatjana Burudschiewa. „Der Staatspräsident brachte jedoch eine ausgewogene Haltung zum Ausdruck, die auf der euroatlantischen Orientierung unseres Landes fußt. Neu ist, dass er an die Interessen Bulgariens erinnert, was ebenfalls positiv zu werten ist, denn es könnte eine Ausgewogenheit in der internationalen Haltung Bulgariens erzielt werden. Interessant ist, wie das regional – auf der Balkanhalbinsel erreicht werden kann, zumal wir uns als Balkanland verstehen und gleichzeitig nach den ausgestreckten Händen der Staaten Ost- und Mitteleuropas greifen.

Welche Akzente wird der neue Präsident voraussichtlich setzen?

Die Politik, die er in den zwei Monaten bis zu den Wahlen mittels der Übergangsregierung durchsetzen wird, wird sich um einen anderen Blick auf den Haushalt drehen, wobei er der Risikogruppe der Armen besondere Aufmerksamkeit schenken wird“, ist die Politologin überzeugt. „Ich erwarte eine klare Stellung gegenüber den Medikamentenpreisen, die Minister Moskow in den letzten Tagen als Gesundheitsminister verändert hat. Das betrifft nämlich viele Menschen. Auch ist zu erwarten, dass dem demographischen Problem, der Armut im Land, der Qualität der Gesundheitsfürsorge und den Bedürfnissen der Patienten eine größere Aufmerksamkeit geschenkt wird. In den Bereichen Kultur und Bildung erwarte ich ferner ebenfalls ein ernstes Engagement der Übergangsregierung.

Kann man optimistisch in die Zukunft schauen, fragten wir abschließend die Politologin Tatjana Burudschiewa.

Die Bulgaren sind von Natur aus Pessimisten und suchen immer nach Problemen. Es ist also nicht zu erwarten, dass aus uns Optimisten werden“, meint sie. „Die Jahrhunderte lange Fremdherrschaft hat dazu geführt, dass die Bulgaren im Staat etwas Fremdes sehen und ihn auszutricksen versuchen. Das ist zur Tradition geworden und bereitet beim Aufbau einer demokratischen Gesellschaft natürlich große Probleme. Es ist also selbst bei bester Politik nicht so schnell mit positiven Effekten zu rechnen. Die charakteristische misstrauische Grundhaltung der Bulgaren muss überwunden werden, die sie auch gegenüber den staatlichen Institutionen und der Politik hegen. Veränderungen im Denken erfordern jedoch viel Zeit. Die Politiker ihrerseits haben bislang nur wenig getan, dass sich in dieser Richtung etwas verändert.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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