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Freiheit des neuen Präsidenten, unabhängige NATO- und EU-Positionen zu beziehen, gleich Null

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Ilian Wassilew und Andrei Rajtschew
Foto: BGNES

Der fünfte Präsident Bulgariens Rumen Radew betrat das Präsidialgebäude, umweht vom Image eines prorussisch orientierten Politikers. Er hatte während seiner Wahlkampagne und ausländischen Medien gegenüber wiederholt erklärt, die europäischen Sanktionen gegen Russland müssten aufgehoben werden und die Krim sei bereits in russischem Besitz, weil die russische Flagge dort gehisst sei. Obwohl der neue bulgarische Staatschef während seiner Vereidigung im Parlament die euroatlantische Ausrichtung unseres Landes bekräftigt hat, bleibt die Frage, ob er es schafft, sich von seinem bisherigen Image zu verabschieden, indem er die prowestliche Politik seines Vorgängers Rossen Plewneliew fortsetzt oder aber Loyalität gegenüber der BSP und deren Sympathien gegenüber Russland bekundet und in internationale Isolation gerät.

„Die Frage ist, ob Rumen Radew es schafft, von den Wahlslogans zu den realen Verantwortungen eines Präsidenten behutsam überzuwechseln, weil jedes Statement von ihm von nun an als staatliche Position interpretiert wird“, kommentierte Ilian Wassilew, politischer Analyst und früherer Botschafter Bulgariens in Russland. „Und hier kann es gefährlich werden, wie Präsident Plewneliew angeführt hat, weil es nicht mehr um eine Interpretation der Ereignisse auf der Krim geht (Der internationale Gerichtshof in Den Haag hat die Annexion der Halbinsel als inakzeptabel definiert und das gilt für das gesamte Systems des Völkerrechts)“, sagt Ilian Wassilew und weiter. „Was die Behauptung in puncto Sanktionen gegen Russland angeht, scheint sie in der Luft zu schweben, denn es gibt Sanktionen im Zusammenhang mit der Krim, andere Sanktionen wegen der Ostukraine sowie gegen konkrete Personen, Wirtschaftsmaßnahmen. Ergo ist „Die Sanktionen sollten entfallen“ kein präzises Statement“, meint Ilian Wassilew.

So gesehen wäre ein Versuch des neuen bulgarischen Präsidenten, die politische Balance zwischen Europa und Russland durch gleiche Distanz zu beiden zu halten, keine Haltung, welche die NATO- und die EU-Partner Bulgariens tolerieren würden.

„Das Problem Bulgariens und seiner Präsidenten ist, dass man uns weder in der NATO noch in der EU einen hohen Vertrauenskredit schenkt“, führt Ilian Wassilew weiter aus. „Wegen der langen Regierungszeit der Parteinomenklatur sowohl vor der Wende 1989 als auch danach, scheint unser nachhaltiges Engagement und die Anpassung unseres Wertesystems an das euroantlantische nicht so recht zu überzeugen. Aus diesem Grund ist die Freiheit des Präsidenten, balancierte oder unabhängige Positionen in Bezug auf die EU und die NATO zu beziehen, gleich Null“, meint der Analyst.

Trotzdem dürfe man nichts übereilen und müsse Rumen Radew etwas Zeit einräumen, bevor man mit der Kritik beginnt.

„Er selbst befindet sich in einer heiklen Lage, da die Partei, die ihn nominiert hat, sich von ihm distanziert“, erläutert Ilian Wassilew. „Die BSP will nicht mit dem Ruf einer Regierungspartei in den Wahlkampf ziehen – wegen der Regierung, die ihr Präsident aufstellen wird. Rumen Radew wiederum wird in den nächsten vier oder fünf Jahren die Chance haben, sich eine Sphäre der Unabhängigkeit zu erkämpfen, da er kein Parteimensch ist. Die Frage aber ist, inwiefern er imstande sein wird, das Staatsruder fest in den Händen zu halten und welche Rolle Ilijana Jotowa dabei spielen wird, deren Parteizugehörigkeit deutlich ausgeprägt ist.“

Von Kontiniutät in der Institution des Präsidenten könne momentan nicht die Rede sein, meint Ilian Wassilew. Erstens, weil Rossen Plewneliew seinen eigenen Worten zufolge, das Amt des Präsidenten mit viel Menschlichkeit ausgefüllt habe,  was anderen vielleicht nicht so mühelos glücken könnte und zum anderen, weil Radew damit jene, die ihn nominiert und unterstützt haben, gegen sich aufbringen könnte. „Es ist wichtig für ihn zu begreifen, auch wenn nicht sofort, dass das Staatsoberhaupt eine Linie befolgen muss, die nicht von den Parteien vorgegeben ist, sondern sich an den obersten Interessen des Landes ausrichtet“, meinte abschließend der Analyst Ilian Wassilew.

Nach Meinung des Soziologen Andrei Rajtschew müsse der neue Präsident der Politik von Rossen Plewneliew ein Ende setzten, da sie Bulgarien nur Schaden gebracht habe. Rajtschew glaubt, dass es für Bulgarien nützlich wäre, im Rahmen der EU gutmöglichste Beziehungen zu Russland zu unterhalten, weil es für das Land von Vorteil wäre. Russland ist der wichtigste Lieferant von Energieressourcen für Bulgarien, führte Rajtschew in diesem Zusammenhang als Argument an. Seinen Worten zufolge wird Rumen Radew ein euroatlantisch gesinnter Präsident sein. „Er hat sich bereits von der BSP emanzipiert“, meinte Rajtschew und ergänzte: „Ich sehe keine Situation, in der Kornelia Ninowa ihm diktiert, was er zu tun hätte.“ Die größte Herausforderung für Radew werde aber die Botschaft sein, die er mit der von ihm aufgestellten Interimsregierung entsenden werde. „Alle Augen werden auf ihn gerichtet sein, deshalb muss seine Wahl nicht einfach auf populäre Persönlichkeiten fallen, sondern auf solche, die auch einen gut Job leisten“, sagte abschließend Andrej Rajtschew.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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