Anfang 2017 wurden in ganz Bulgarien starke Luftverschmutzungen registriert. In Sofia lagen die Feinstaubwerte um ein Fünffaches über der Norm. Betroffen waren aber auch Schumen, Plowdiw, Blagoewgrad, Pernik u.a. Dr. Emilija Stojnewa, Leiterin der Abteilung „Luft-, Lärm- und radiologisches Monitoring“ bei der Bulgarischen Umweltschutzagentur kommentierte:
„Grund für diese Luftverschmutzung ist, dass viele Bulgaren im Winter mit umweltbelastenden festen Brennstoffen heizen. Hinzu kommen Autoabgase, schlechte Wetterbedingungen wie niedrige Temperaturen und Windstille“, erläutert Dr. Stojnewa. „Angaben der Bulgarischen Umweltschutzagentur zufolge liegen die Feinstaubwerte in 15 Ortschaften derzeit über dem Durchschnitt, wobei die höchste Konzentration in Plowdiw und Burgas registriert wurde, wo sie die Norm von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter um das jeweils 3,2- und 2,4-Fache überschritten haben. Viele Bulgaren leiden an Lungenerkrankungen und Asthma. Die höchsten Feinstaubwerte wurden am 2. Januar in Sofia, Schumen, Blagoewgrad, Gorna Orjahowiza und Pernik gemessen, wo sie die Grenzwerte um ein Drei- bis Fünffaches übertrafen. Da Sofia in einem Talkessel gelegen ist, stauen sich bei ungünstigen Klimabedingungen wie Windstille und Niedrigtemperaturen die Schmutzpartikel in der niedrigen Luftschicht in Bodennähe an“, so Dr. Stojnewa.
Zum Problem und seine mögliche Lösungen äußerte sich auch Boris Bonew von der NGO „Rette Sofia“:
„Die Weltgesundheitsorganisation stuft Feinpartikel als extrem bedenklich für die menschliche Gesundheit ein. Sie verursachen Demenz, Herz- und Lungenprobleme, Krebserkrankungen etc.“, sagt Boris Bonew. „Angaben des bulgarischen Gesundheitsministeriums zufolge liegt die durchschnittliche Sterblichkeitsrate bei 55 Menschen pro 100.000 Personen. In Sofia sterben jährlich 800 bis 900 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. Was könnte man dagegen unternehmen? Der Stadtverkehr könnte an Tagen mit kritischen Feinstaubwerten kostenlos sein, an verschiedenen Tagen könnten nur noch Autos mit geraden oder ungeraden Nummern auf dem Nummernschild unterwegs sein, bestimmte Parkplätze könnten abgeschafft, dafür aber mehr Fußgängerzonen und Fahrradwege eingerichtet werden. Die Gemeinde könnte Steuern und Gebühren anders berechnen. Momentan zahlen Inhaber umweltfreundlicher Autos 2,8 Mal höhere Steuern als jene, die alte Autos besitzen. Es ist extrem wichtig, dass sich die Sofioter Gemeinde der Schwere des Problems bewusst wird und vorbeugende Maßnahmen ergreift, indem der Verkehr durch eine intensivere Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel entlastet wird. Zur Zeit benutzen immer weniger Menschen öffentliche Verkehrsmittel, weil sie unregelmäßig fahren und die Linien nicht optimiert sind. Es müssen mehr Busfahrbahnen geschaffen werden, die Straßenbahnschienen sollten für andere Fahrzeuge unbefahrbar sein und es sollte ein integriertes Fahrkartensystem eingeführt werden, so dass die Fahrgäste beim Umsteigen keine neuen Fahrkarten zu kaufen brauchen. Außerdem hat die enorme Anhebung der Fahrkartenpreise um satte 60 Prozent dazu geführt, dass viele Menschen sich vom öffentlichen Verkehr abgewandt haben, da es für einige günstiger ist, ihr Auto zu benutzen. Es müssen intelligente Lösungen gefunden werden, denn unsere Gesundheit und unser Leben sind unbezahlbar. Laut Informationen des Gesundheitsministeriums leidet jedes dritte Kind in Sofia an einer Form von Asthma. Letzten Endes ist es viel wichtiger, dass die Kinder gesund sind und nicht ob die KFZ-Steuer um 5 oder 10 Euro pro Jahr angehoben wird. Die Gemeinde muss Prioritäten setzen“, sagte abschließend Boris Bonew von der NGO „Rette Sofia“.
Die Sofioter Gemeinde enthält sich bislang des Kommentars zu diesem Thema. Hoffnung auf eine Modernisierung des Stadtverkehrs gibt uns der umweltfreundlichere Elektrobus, der ab dem 15. Januar zu Probefahrten durch die Hauptstadt rollt.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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