„Gott hat mir die Seele eines Wanderers gegeben und mich in den Fluss der Volksmusik geworfen, um entweder eine Furt zu finden oder gegen die Strömung zu schwimmen, um zu ihrer reinen und ewigen Quelle zu gelangen.“ Diese Worte stammen vom bulgarischen Komponisten Stefan Kanev (Кънев), der in diesem Jahr 85 Jahre alt geworden wäre.
In der Familie, in der Stefan Kanev in Sofia geboren wurde, erklang nur wenig Volksmusik. Nichts deutete darauf hin, dass er sich eines Tages ihr ganz und gar verschreiben werde. Der Junge zeigte früh musikalisches Talent und so studierte er an der Sofioter Musikakademie Komposition bei hochrangigen bulgarischen Tonschöpfern. Das Schicksal wollte es und beließ ihn nicht in der klassischen Musik – Kanev fand eine Einstellung im Haus des Volksschaffens, wo er die Arbeit der Volkschöre und Ensemble unterstützte. Die Beschäftigung mit der Musikfolklore führte ihn auch in den Bulgarischen Nationalen Rundfunk.
Stefan Kanev hat uns eine Sammlung von mehr als 6.000 von ihm bearbeiteten Liedern und Tanzstücken und eigenen Kompositionen im Folklorestil hinterlassen. Aus diesem immens großen Werk wählten Musikproduzenten und Verleger aus und 2011 erschien ein Sammelband mit Liedern für Volkschor, in dem Gesänge aus allen bulgarischen Folkloreregionen enthalten sind. Überschrieben ist die Sammlung mit „Hab’ es nicht eilig, Sonne“. Unter diesem Titel wurde auch eine Sammel-CD produziert.
„Es gibt nichts Schöneres als das Volkslied und die Folkloremelodie. Das Besondere der bulgarischen Volksmusik sind ihre unwahrscheinliche Vielfalt, der regelrecht dramatische Ausdruck und die feine Melodik“, hielt Stefan Kanev fest. Ähnlich wie der Ungar Béla Bartók hatte auch er die Bedeutung des musikalischen Volksschaffens erkannt – in den Augen beider Komponisten besaß die Volksmusik einen nicht minderen Wert als beispielsweise eine Sonate von Mozart oder eine Fuge von Bach. Daher bearbeitete Kanev mit größter Verantwortung und Sorgfalt die überlieferte Musikfolklore, um sie für die Bühnenpraxis aufzubereiten.
Anlässlich des 85. Jahrestages seit der Geburt des Komponisten gab seine Lebensgefährtin und Volksliedsängerin aus dem Strandscha-Gebirge Kalinka Sgurowa eine CD heraus und initiierte ein Gedenkkonzert.
„Anlässlich des Jahrestages seiner Geburt geben wir am Samstag, den 26. November ein Konzert, an dem sich Interpreten und Chöre aus ganz Bulgarien beteiligen, die seine wunderbaren Lieder vortragen werden“, sagte uns Kalinka Sgurowa am Vorabend der Veranstaltung. „Unter den Chören ist natürlich auch „Das Mysterium der bulgarischen Stimmen“ sowie der Chor, der seinen Namen trägt. Übrigens wurden auch eine Straße und eine Musikschule nach ihm benannt. Was die CD anbelangt, die aus dem gleichen Anlass herausgegeben wurde, enthält sie verschiedene Instrumentalstücke und Lieder, interpretiert von den wohl besten zeitgenössischen Folklorekünstlern Bulgariens. Ich bin glücklich darüber, dass die Lieder und Stücke von Stefan Kanev weiterhin gern gesungen und gespielt werden und beim Publikum Anklang finden.“
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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