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Für ein paar Romastipendien mehr

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Jedes vierte Romakind zwischen 7 und 15 geht nicht zur Schule.
Foto: Archiv

30 Euro im Monat. Soviel sollen ausgewählte 700 Romaschüler der 9. und 10. Klasse monatlich bekommen, die einen Notendurchschnitt von mindestens "ausreichend" haben. Das Geld soll sie motivieren, nicht nur das Abitur nach der 12. Klasse zu machen, sondern auch ihre schulischen Leistungen zu verbessern. Das große Ziel hinter einem Projekt des Romabildungsfonds mit Sitz in Budapest und des bulgarischen Bildungsministeriums ist, die Zahl der Schulabbrecher unter den Roma zu reduzieren, so dass die heute 15jährigen eine Chance auf dem legalen Arbeitsmarkt in Bulgarien bekommen.

Dieses große Ziel hört sich sehr gut an und es findet sich kaum jemand in Bulgarien, der es so formuliert nicht unterstützen würde. Doch, wehe man hört, dass Romakinder 30 Euro monatlich für "ausreichend" bekommen, während alle anderen Schüler in Bulgarien für einen Notendurchschnitt von "sehr gut" pauken müssen, um ein Stipendium von 10 Euro zu erhalten. So nämlich hatten es in dieser Woche Eltern im ganzen Land aus der Presse herausgehört, und das reichte aus, um dagegen organisiert zu protestieren. Ihre Argumente hörten sich verständlich an: ist es nicht diskriminierend, Kinder nur wegen ihrer ethnischen Abstammung finanziell zu unterstützen? Warum reicht es für ein Romaschüler aus, nur eine Vier zu haben, um das Dreifache einzustecken, während die "bulgarischen" Schüler Einser haben müssen, um lappige 10 Euro im Monat zu bekommen? Seit Donnerstag steht fest, dass die Romastipendien, die viele Eltern in Bulgarien in Rage gebracht haben, ausschließlich aus der Kasse des ausländischen Bildungsfonds von George Soros gezahlt werden. Aus dem bulgarischen Staatshaushalt werden lediglich die Lehrer bezuschusst. Das hat die Proteste zunächst einmal lahmgelegt.

Mit dem Thema Romastipendien haben Medien, Politiker und Bürger wieder um den heißen Brei herumgeredet. Es liegen inzwischen ausreichend Zahlen vor, die belegen, dass Bulgarien einem riesigen Problem gegenübersteht, und es nach wie vor nicht einsehen und entsprechend anpacken will. Während bis vor knapp 20 Jahren der Arbeitsmarkt von 100 Rentnern verlassen und durch 124 Berufsanfänger aufgefüllt wurde, sind es heute weniger, als 70. Davon ist jeder Fünfte Roma. Zugleich handelt es sich bei ihnen um junge Menschen ohne jegliche Qualifikation, meist haben sie nicht einmal einen Schulabschluss. Die Analphabeten in Bulgarien machen 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Unter den Roma sind es knapp 12 Prozent. Jedes vierte Romakind zwischen 7 und 15 geht nicht zur Schule. Diese trockenen Zahlen sagen schlicht ein einfach, dass Bulgarien in sehr wenigen Jahren noch mehr nichtqualifizierte junge Menschen haben wird, die keinen Job finden, was die Sozialsysteme noch mehr belasten wird. Es vertieft sich die Tendenz, dass diese Parallelgesellschaft, die im Entstehen ist, jeder Art von Radikalisierung anfällig ist. Zugleich wird die Wirtschaft, von der wir alle erwarten, dass sie wächst, noch mehr Fachkräfte brauchen.

Bulgarien hat also die Wahl – entweder macht es so wie bisher weiter, oder aber es überlegt sich endlich ein langfristiges Programm, dass unabhängig von Regierungswechseln und kurzsichtigen Parteiinteressen kontinuierlich befolgt wird. Der aktuelle Streit über die 30-Euro-Romastipendien ist oberflächlich. Die besagten Stipendien sind ganz bestimmt nicht die Lösung. Vermutlich reichen sie sogar nicht aus, um das erklärte Ziel zu erreichen, nämlich die Zahl der Schulabbrecher unter den Roma zu senken. Ganz bestimmt wird dieses Ziel verfehlt, wenn die Stipendien eine einmalige Aktion bleiben und von keinen weiteren Maßnahmen begleitet werden. Wie so oft in Bulgarien, wird sicherlich bald herauskommen, dass Teil dieser Gelder veruntreut worden ist. Doch, die Hände in den Schoss zu legen und so zu tun, als ob man machtlos ist, ist keine Lösung. Die Lösung sind viele kleine Schritte. Der Schulabschluss ist nur einer dieser kleinen Schritte. Es braucht mehr, um die Schule als Wert in einer Gemeinschaft zu vermitteln, wo der Zusammenhang zwischen Bildung und gutem Leben seit Generationen zerrissen ist.



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