Russland und die Türkei haben die lang erwartete und immer wieder aufgeschobene Vereinbarung über den Bau der Gaspipeline Turkish Stream unterzeichnet. Gleichzeitig vermeldete der bulgarische Staatsrundfunk BNR unter Berufung auf vertrauliche Informationsquellen, die bisherige Erkundung von Erdgas und Erdöl im bulgarischen Schwarzmeerschelf werde offenbar nur ungenügende Gasvorkommen zutage fördern.
Vor dem Hintergrund dieser beiden Nachrichten sieht die Zukunft des Gashub-Vorhabens der bulgarischen Regierung an der Schwarzmeerküste und die damit verbundene Etablierung Bulgariens als regionales Gasverteilungszentrum eher düster aus. Und das aus zwei Gründen. Erstens, ist kein Gas da, das verteilt werden könnte, und wenn doch, halten sich die Vorkommen in Grenzen. Zweitens hegt die Türkei bereits seit zwei Jahren die gleichen Absichten. Damals scheiterte das europäische Pipelineprojekt durch Bulgarien. Über die auf dem Boden den Schwarzen Meeres geplante Trasse sollte russisches Gas nach Europa fließen. Die Transitgebühren sollten die bulgarische Staatskasse auffüllen. Der Konflikt zwischen Moskau und Brüssel ließ die Pläne jedoch platzen. Im Ergebnis dessen brachte sich Bulgarien als geeigneter Standort für einen Gashub ins Gespräch und räumte die mögliche Bereitstellung von ausreichend Gas aus diversen Lieferquellen ein – aus Russland, Griechenland, aus dem Kaspischen Meer, aus eigenen Vorkommen, aus dem Iran, der Türkei etc. Man wollte sozusagen Gas an Großkunden aus Ost- und Mitteleuropa verkaufen. Nach langen Erklärungen und Zureden sagte auch die Europäische Kommission letztendlich Unterstützung zu. Man begann mit der Vorbereitung des Projekts, für welches später ein Investor für die Finanzierung und den mit zwei Milliarden Euro veranschlagten Bau gesucht werden sollte.
Beflügelt von den reichen Gas- und Ölvorkommen vor der rumänischen Schwarzmeerküste begann Bulgarien zudem mit der Erkundung von eigenen Vorkommen im Schwarzmeerschelf. Die Hoffnungen waren groß. Ministerpräsident Bojko Borissow sprach gar von riesigen Vorkommen, die in den kommenden 20 Jahren den Eigenbedarf decken könnten. Jetzt erscheinen all diese Hoffnungen und Ambitionen unrealistisch und vergeblich. Eigene Gasvorkommen gibt es offenbar nicht, auch dem geplanten türkischen Gashub kann man scheinbar nicht die Stirn bieten.
Allerdings hat die bulgarische Regierung nicht nur eine Trumpfkarte im Ärmel und schließt ein solches Szenario womöglich nicht ganz aus. Genau aus diesem Grund ist sie eifrig um den Bau der Erdgaspipelineverbindungen mit den Nachbarländern Griechenland, Türkei, Rumänien und Serbien bemüht, über welche Gas in beide Richtungen transportiert werden kann. Am weitesten fortgeschritten sind die Bauarbeiten am Interkonnektor mit Griechenland, über welchen erste geringe Gasmengen bereits von Süd nach Nord unterwegs sind. Bei der Erdgaspipelineverbindung mit Rumänien steht lediglich die schwierige Verlegung der Röhren auf dem Boden der Donau an. Auch der Bau des Interkonnektors mit der Türkei geht voran. Über diesen soll Gas aus der Transanatolischen Pipeline und Turkish Stream kommen. Bei der Gaspipelineverbindung mit Serbien gibt es diverse Verzögerungen, was jedoch nicht fatal ist.
Letztendlich sieht es ganz danach aus, dass es für das großangelegte und superehrgeizige bulgarische Gasvorhaben eine Reservevariante gibt. Bleibt abzuwarten, wie lange man für ihre Umsetzung brauchen wird und ob sich dieses Vorhaben wirtschaftlich lohnt. Denn mittlerweile geht in Europa der Trend in Richtung sinkender Gaskonsum.
Übersetzung: Christine Christov
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