Begonnen hat das neue Schuljahr in Bulgarien „mit einer Reform, auf die wir seit Jahren warten“, so Bildungsministerin Meglena Kunewa. Die Veränderungen würden allmählich eingeführt und man rechne damit, dass die Schüler 2022 zumindest einen Teil ihrer Bildung in reformierter Form abschließen. Im Zuge der Reform wird auch die Bildungsstruktur verändert – es werden zwei Gymnasialstufen eingeführt, wobei die zweite (11. und 12. Klasse) profilierter sein wird. Hinzu kommen eine neue Methodik zur Beurteilung, mehr Projekte, Unterricht außerhalb der Klassenzimmer und Eingliederung von Kindern mit Lernschwierigkeiten. Die geleisteten Dienstjahre werden nicht mehr das einzige Kriterium für Karriereentwicklung der Pädagogen sein. Sie wird unter anderem auch von ihrer Qualifikation und ihren Attestierungsergebnissen abhängen.
„Wir hoffen, dass das neue Gesetz die Lehrer zum Umdenken bewegt und sie erkennen, dass eine Qualifikation im Bereich digitale Technologien extrem wichtig ist. Bislang wurden internetbasierte Unterrichtsmethoden eher als alternativ angesehen. Nun will man die Möglichkeiten, die die Informations- und Kommunikationstechnologien bieten, besser nutzen“, meint Zwetan Zwetanski vom Zentrum für Bildungsinitiativen.
Das Zentrum für Bildungsinitiativen ist eine NGO, die seit 15 Jahren an Projekten in den Bereichen Bildung, Kultur und Förderung von Jugendinitiativen arbeitet. Seine Bemühungen sind auf neue Unterrichtsmethoden auf der Grundlage von Informations- und Kommunikationstechnologien gerichtet.
„Wenn ein Lehrer den Schülern einen Test gibt, verbringt er danach viel Zeit mit der Auswertung der Ergebnisse. Die Plattformen zur Steuerung des Lehrprozesses werten die analytischen Informationen schnell aus, so dass sich die Lehrer auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren und eigene Versäumnisse oder Defizite bei den Schülern korrigieren können. Anstatt Stunden mit der Überprüfung von Tests zu verbringen, können sie per Mausklick die Auswertung erhalten und sich deren Analyse widmen. Die Informationssysteme ermöglichen es ihnen, den Unterricht zu personifizieren und die Schüler individuell zu fördern, was im traditionellen Klassenzimmer sehr schwierig ist. Dank der Lehrplattform können sie unterschiedliche Gruppen einrichten, so dass sie einen Teil der Schüler schneller und andere langsamer unterrichten können, ohne die Arbeit mit den anderen zu beeinträchtigen.“
Die besagte Lehrplattform heißt Utschilischteto.BG (Schule.BG) und wurde vom Zentrum für Bildungsinitiativen in Anlehnung an die international anerkannte E-Learning-Plattform Moodle entwickelt. Sie bietet viele zusätzliche Module, virtuelle Klassenzimmer und Workshops an, die an das bulgarische Bildungswesen angepasst sind. Über 3.500 Lehrer wurden bereits ausgebildet, mit dieser Online-Plattform zu arbeiten, 20 Schulen haben das Zentrum für Bildungsinitiativen engagiert, ihre eigenen E-Plattformen zu unterhalten.
Ein weiteres Projekt, mit dem das Zentrum für Bildungsinitiativen arbeitet, ist EFES (E-Tools for E-Schools). Sein Ziel ist die Schaffung einer Plattform, bei der der Lernprozess vollständig automatisiert ist sowie die Ausarbeitung einer Online-Learning-Methodik mit Webinaren, Tests und einer reichen Datenbank, die den Lehrern zur Verfügung steht.
All das korrespondiert vollkommen mit den jüngst verabschiedeten Standards für die Oberschulbildung in Bulgarien. Während für die Lehrer bislang erst nach 10 Dienstjahren ein Karrierewachstum möglich war, können nun ihr Fleiß, Initiativgeist und der Wunsch, sich weiter fortzubilden und zu qualifizieren, auch in vier Jahren voranbringen. Das ist sehr zu begrüßen, zumal es immer schwieriger wird, gute Pädagogen zu finden und sie auch im Bildungssystem zu halten. Hier könnte das Bildungsministerium auf die Erfahrungen und Praktiken im Nichtregierungssektor zurückgreifen, damit die Reform nicht auch diesmal nur auf dem Papier bleibt.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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