Der Maler Atanas Tassew ist in seiner Heimat Bulgarien nur Kennern bekannt. Die jüngste Exposition der hauptstädtischen Galerie „Nuance“ hat sich zur Aufgabe gestellt, sein Leben und Werk einer breiten Öffentlichkeit in Bulgarien vorzustellen. Es ist übrigens erst die dritte Ausstellung mit Werken von Tassew in Bulgarien. 1920 stellte er zum ersten Mal aus; er studierte damals noch an der Kunstakademie in Sofia. Da jedoch nach den damaligen Regeln der Akademie Kunststudenten vor ihrem Abschluss nicht ausstellen durften, wurde Tassew herausgeworfen. Er reiste daraufhin nach Prag, wo er ein Stipendium bekam und weiterstudierte. Nach seinem Abschluss in Tschechien blieb eine Zeit lang im Ausland.
Atanas Tassew war ein begabter Portraitmaler. In Tschechien malte er hochstehende Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur. Nach Bulgarien zurückgekehrt portrautierte er u.a. Zar Boris III., wie auch eine Reihe weiterer Spitzenpolitiker sowie bekannte Wissenschaftler und Künstler. Aufträge erhielt er aber auch aus dem Ausland, darunter vom britischen Diplomaten, Politiker und Oberhausabgeordneten Sir Edward Boyle. Modell saßen ihm ferner anerkannte Künstler, wie der Tscheche AlfonsMucha. Krassimir, einer der Erben von Atanas Tassew, erzählte uns mehr über die Entstehung dieses Werks:
„Über die Arbeit am Portrait von Prof. Mucha hielt Tassew in einem Brief fest, dass der Tscheche ausgesprochen stillgehalten habe – er habe sich überhaupt nicht bewegt und in keiner Weise seine Haltung verändert“, sagt der Erbe des Malers. „Die Arbeit ging ihm schnell von der Hand und das Bild war bereits nach drei Sitzungen zu je zwei Stunden fertig. Tassew unterstrich, dass in dem Atelier, in der er Mucha malte, sehr gute Lichtverhältnisse herrschten. Mucha habe ihn mit den Worten gelobt: „Mich haben bedeutende Maler portraitiert, doch keiner hat mich derart meisterhaft gemalt.“ Als man das Bild aufhängte, versuchte Muchas Hund ständig hochzuspringen, so lebhaft war das Bildnis. Obwohl das Werk so gut gelungen war, habe ihm Mucha aber weder ein Honorar gezahlt, noch ihm in Dankbarkeit eines seiner Bilder geschenkt, was Tassew in gewisser Weise grämte. Er hatte aber Glück, denn einer der Senatsmitglieder sah das Portrait und bestellte sich gleich mehrere Bilder bei Tassew.“
Der bulgarische Maler arbeitete auch in anderen Teilen der Welt. In London portraitierte der u.a. den tschechischen Botschafter Jan Masaryk, Sohn des ersten tschechischen Präsidenten Tomáš Masaryk. In Warschau hingegen malte Tassew den dortigen französischen Botschafter.
1947 reiste der Maler nach Stockholm, wo er verschiedene Aufträge bekam. Von dort reiste er in die USA, in denen er 15 Jahre seines Lebens verbrachte. Im privaten Kunstmuseum in Washington, der „Corcoran Gallery of Art“, arrangierte er gleich mehrere Ausstellungen, die jedoch keine Verkaufsausstellungen waren, was das dortige Publikum stark beeindruckte.
„In den USA malte Atanas Tassew über 200 Portraits“, erzählt weiter Krassimir. „Seinen Worten nach kostete ein Portrait zu jener Zeit in den USA zwischen 1.000 und 2.000 Dollar. Das reichte dem Maler vollends zum Leben. U.a. fertigte er auch Bildnisse der Familie Rockefeller an, von denen wir leider jedoch keine Fotos besitzen.“
Nach seinem USA-Aufenthalt lebte Atanas Tassew eine Zeit lang in Málaga in Spanien und kehrte erst im hohen Alter nach Bulgarien zurück, wo er 1991 verstarb.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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