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Finanzexperte Boris Petrow: Bulgarien muss so schnell wie möglich den Euro einführen

Bulgarien habe rein wirtschaftliche Interessen, der Eurozone beizutreten, meint der Banker Boris Petrow.
Foto: Privatarchiv

Die Debatte über die Vor- und Nachteile vom bulgarischen Beitritt zur Eurozone ist in letzter Zeit wieder entfacht, insbesondere nach dem Kommentar des bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow, Bulgarien habe es nicht eilig. Ihm zufolge sei der fixe Wechselkurs des bulgarischen Lew zum Euro ausreichend effektiv. Angesichts des sich ausbreitenden Populismus und Nationalismus in Europa nach dem Brexit-Referendum scheinen die Gegenargumente unter den EU-Ländern, die noch nicht zur Eurozone gehören, an Gewicht zu gewinnen. Man darf auch nicht vergessen, dass die griechische Schuldenkrise ebenfalls noch nicht gelöst ist. Über Bulgariens Aussichten, die europäische Währung einzuführen, sprachen wir mit Boris Petrow, der lange Jahre ein hochrangiger Banker in der bulgarischen Zentralbank BNB war, bevor er in die Privatwirtschaft wechselte.

Bulgarien muss so schnell wie möglich den Euro einführen“, sagt der Banker. „Die heutige politische Konjunktur darf uns nicht irreführen, zumal Bulgarien sich als EU-Mitglied dazu verpflichtet hat. Bulgarien hat aber auch rein wirtschaftliche Interessen, der Eurozone beizutreten. Die Landeswährung ist ohnehin am Euro gebunden. Wir tragen aber alle negativen Folgen der Finanzkrisen in der Eurozone auch so mit. Zugleich aber nutzt Bulgarien die Vorteile der Eurozone nicht und ist an der Finanzpolitik nicht beteiligt. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von weiteren Vorteilen, wie die Integration der Banken und der Zugang zur günstigen Finanzierung durch die Europäische Zentralbank“, meint der Finanzexperte.

Der Währungsrat, der in Bulgarien seit 1997 in Kraft ist, sei zwar ein stabiles Finanzsystem, doch auch er könne politischen Krisen nicht standhalten, meint Boris Petrow. „Es handelt sich schließlich um ein Finanzsystem aus dem 19. Jahrhundert“, führt er an. Einer der großen Nachteile des Währungsrates sei, dass Bulgarien verpflichtet ist, große Devisenreserven zu unterhalten. Diese Rückstellungen werden in Anlagen investiert, die kaum Einnahmen generieren. Zugleich setzen sie sich zum größten Teil aus Darlehen zusammen und es entfallen Zinsen. „So gesehen, zahlt Bulgarien eine Stabilitätssteuer“, sagt Boris Petrow, und führt weiter aus, was sich in einer bulgarischen Firma ändern würde, sollte Bulgarien ab morgen den Euro einführen:

Praktisch nichts“, sagt der Finanzexperte. „Vermutlich würde es Zugang zu günstigeren Krediten bekommen, wenn es sich um ein kleines oder mittelständiges Unternehmen handelt. Die Kredite in Euro sind einfach billiger, als in der bulgarischen Landeswährung“, behauptet Petrow.

Die Kritiker der Euroeinführung in Bulgarien behaupten, als Mitglied in der Eurozone würde Bulgarien einzahlen und fremde Krisen mitttragen. Wie sieht es Boris Petrow?

Man sollte differenzieren“, sagt er einleitend. „Bulgarien beteiligt sich mit einer sehr niedrigen Kapitalrate am Europäischen Stabilitätsmechanismus, weil es einen sehr geringen Anteil am Bruttoinlandsprodukt der EU-Länder hat. Außerdem handelt es sich um Gelder, die Erträge einbringen. Bulgarien investiert derzeit in deutsche Staatsanleihen mit einem negativen Zinssatz. Warum sollte Bulgarien nicht in Anleihen mit einem positiven Zinssatz durch die Kapitaleinzahlung in den Europäischen Stabilitätsmechanismus investieren? Zugleich emittiert der Staat Schulden zu 1,5 Prozent, die das Kabinett in der Zentralbank anlegt, ohne dafür etwas zu bekommen. Die Folge davon ist, dass Bulgarien einen Minusertrag aus seinen Devisenreserven in Höhe von 8,54 Millionen Euro für 2015 hat. Die Schuld liegt nicht bei der Zentralbank, sondern so sieht es der Währungsrat vor. Wäre Bulgarien Mitglied der Eurozone, würde der Zinssatz 2 Prozent betragen“, rechnet Boris Petrow vor. „Wenn Bulgarien anderen Ländern Kredite gewährt, dann kann es auf die Garantie zurückgreifen, dass sie eines Tages zurückgezahlt werden. Dabei würde Bulgarien das Risiko mit anderen EU-Ländern teilen. Mehr noch – nach dem Beitritt zur Eurozone würden die Devisenreserven für öffentliche Investitionen freigegeben werden. Dann könnten die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit steigen und davon profitieren alle“, sagte abschließend der Banker Boris Petrow.

Übersetzung: Vessela Vladkova



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