Unweit der Stadt Breznik befindet sich das Bilintzi-Kloster des heiligen Erzengels Michael. Besonders romantisch ist es hier im Frühsommer, wenn sein Mauerwerk in der Umarmung von blühendem Holunder versinkt... Obgleich es von Jahrhunderten, Stürmen und Verantwortungslosigkeit gezeichnet ist... 1969 wurde das Kloster aufgrund seiner Fresken zum Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung erklärt. Heute ist es nur auf einem schwer begehbaren Weg per Jeep oder zu Fuß zu erreichen.
"Jedes Mal, wenn ich mich mit Touristen zum Kloster aufmache, muss ich mit irgendetwas, sei es eine Schaufel, eine Harke oder ein Stock, den Weg durch die Brennnesseln bahnen. Von Jahr zu Jahr wird es schlimmer", beklagt sich der Bergführer Stanoj Arabadschiew.
Von der einstigen Klosteranlage haben nur die Kirche, ein Teil des Erdgeschosses der Wohngebäude und die Klostermauer überlebt.
"Leider krümmt niemand einen Finger zur Erhaltung der Fresken. Sie wurden von einem psychisch kranken Mönch übermalt, der drei-vier Jahre im Kloster lebte", erzählt die Historikerin und Heimatforscherin Aniela Assenowa. "Er konnte zwar malen, hat jedoch die darunter liegende Malschicht zerstört, weswegen welcher das Kloster zum Kulturdenkmal erklärt wurde. Auch die Kreuze der dort begrabenen Mönche wurden versetzt. Die Altar-Steine liegen im Wald verstreut. Alle klagen über Geldnot, niemand ist gewillt etwas zu tun. Von bulgarischem Wiedergeburtsgeist keine Spur", bedauert Aniela Asenowa aus der nahe gelegenen Stadt Breznik. "Jeder kann hier nach Lust und Laune ein- und ausgehen. Früher gab es hier zahlreiche Bücher. Wo sind sie und alles andere geblieben", fragt die Heimatforscherin.
Weitere Einzelheiten über das Kloster erfahren wir von der Historikerin Kalina Mintschewa vom Zentrum für slawisch-byzantinische Forschungen:
"Die Kirche wurde im 15.-16. Jahrhundert erbaut und im 17. Jahrhundert erneuert sowie nach Westen erweitert", erklärt Kalina Mintschewa. "Dabei handelt es sich um eine für jene Zeit typische kleine einschiffige Kirche mit einer Apsis. Das Gotteshaus zeugt vom Eifer der bulgarischen Bevölkerung während der osmanischen Fremdherrschaft, Mittel für den Bau einer solchen Kirche aufzutreiben und sie ein Jahr später sogar zu erneuern, was heute schwieriger vonstatten geht", meint Kalina Mintschewa und weist auf einen interessanten Fakt hin:
"Die ältesten schriftlichen Quellen über die Existenz des Bilintzi-Klosters aus dem Jahr 1587 werden in russischen Archiven aufbewahrt. In jenem Jahr reiste der Erzdiakon Stefan vom Bilintzi-Kloster mit einer Delegation des Erzbischofs von Kolasia, Wisarion nach Moskau", erzählt Kalina Mintschewa vom Zentrum für slawisch-byzantinische Forschungen.
Der Delegation gehörte zudem der Abt des Klosters des heiligen Joachim von Osogowo an, das heute in Mazedonien liegt. Dem Schreiben nach hat der Erzbischof um Mittel für das Osogowo-Kloster gebeten, das bei einem Erdbeben stark beschädigt worden war. Das Bilintzi-Kloster wird in der Schriftquelle nicht weiter erwähnt.
"In der Klosterbibliothek fand man altgedruckte russische Bücher, was dafür spricht, dass der Kontakt zu Russland auch in der Folgezeit in irgendeiner Form aufrecht erhalten wurde", berichtet Kalina Mintschewa. "Dabei handelt es sich um einen der ältesten Kontakte von Klöstern auf bulgarischem Boden mit Moskau. Vermutlich ist Erzdiakon Stefan einer der ersten bulgarischen Geistlichen, die sich mit einem russischen Herrscher trafen."
Im 18. Jahrhundert beherbergten die heiligen Gemäuer eine Klosterschule. 2006 war Kalina Mintschewa persönlich vor Ort:
"Als wir in die Kirche kamen, waren wir sehr entsetzt, dass von den alten Fresken fast nichts mehr zu sehen war. Sie waren `aufgefrischt` worden, wonach die Kirche einem russischen Märchenbuch glich. Im Kloster lebten zwei Novizen und ein Mönch, der sich zuzusagen selbst im Kloster eingemauert hatte und jegliche Gespräche mit uns ablehnte. Im Kloster gab es weder Strom noch Wasser. Wasser wurde aus dem nahe gelegenen Bach geholt. Lebensmittel kaufte man einmal im Monat in Breznik ein. Mit Ziegeln aus den Wänden hatten sich die Bewohner des Klosters Zellen gebaut. Sie wollten sich um die Kirche kümmern. Leider fehlte ihnen dazu das nötige Wissen. Ein-zwei Jahre vor uns hatte eine Gruppe Wissenschaftler die Kirche besucht. Sie konnten zumindest das `Auffrischen` der Fresken stoppen. Jedoch ist beispielsweise eine sehr interessante Apsis-Darstellung der Muttergottes mit dem Jesuskind in einem herzförmigen Medaillon verlorengegangen, da der Mönch darüber eine neue Muttergottes gemalt hat – und zwar mit Acrylfarbe in besonders grellen Tönen. Nach Meinung von Restaurateuren ist der Wissenschaft bisher nicht bekannt, wie man diese Farben entfernen kann, ohne dabei die darunter liegende Schicht zu beschädigen, d.h. die Fresken darunter sind unwiederbringlich verloren", bedauert Kalina Mintschewa.
Übersetzung: Christine Christov
Fotos: Miglena Iwanowa und Kalina Mintschewa
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