Die NATO-Verteidigungsminister haben grundsätzlich grünes Licht für die Stationierung von vier Nato-Bataillonen in den drei Baltischen Staaten und Polen gegeben. Die Allianz will damit angesichts des Ukraine-Konflikts und der Annexion der Krim durch Russland demonstrieren, dass sie zur Verteidigung ihrer Mitglieder im Osten bereit ist. Bulgarien habe keine Bodentruppen der Allianz auf eigenem Territorium verlangt. Bulgarien ist aber sicherlich Platzdarm für die nach der Krim-Annexion entfachte hybride Kriegsführung in Europa geworden.
Obwohl der Begriff relativ neu ist, ist die „hybride Kriegsführung“ seit der Antike bekannt. Schon die Römer haben in den Kriegen gegen Karthago innere Aufstände geschürt, und die Deutschen haben im Ersten Weltkrieg Lenin unterstützt. Unter hybrider Kriegsführung verstehen die Politiker und Militärstrategen von heute die Verbindung von offenen und geheimen Einsätzen, von diplomatischen Druckmitteln und wirtschaftlichem Zwang, von Desinformation und Cyberattacken. Und als Beispiele dafür dienen etwa der Erdgaslieferstopp oder die Finanzierung von Propagandamedien. „Die hybride Kriegsführung wird das Thema der Zukunft sein“, behaupten NATO-Generäle am Vorabend des Gipfeltreffens in Warschau im kommenden Monat.
Die Krim-Annexion und der Verstoß gegen internationale Verträge durch Russland führten zu Sanktionen gegen Moskau, gefolgt von Gegensanktionen des Kreml und einem immer lauter werdenden EU-feindlichen Ton. Und er verhärtet sich: vor dem Europaparlament hat der bulgarische Staatspräsident in einer beispiellos kühnen Rede davor gewarnt, dass Russlands Ziel die Destabilisierung der Europäischen Union sei. Die Ukraine-Krise habe ein neues Zeitalter eingeläutet, das Zeitalter des „kalten Friedens“, so Plewneliew. Das Zeitalter des Kalten Krieges ist vielen im Kopf hängen geblieben, als das Zeitalter der Propagandamedien auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Nach den Worten des bulgarischen Außenministers Daniel Mitow sind wir gerade dabei, diese Zeit zurückzuholen:
„Die Züchtung von genmodifizierter Information und ihre Anpflanzung in die Köpfe der Menschen ist eines der neuen Instrumente eines alten Konfliktes – des Konfliktes zwischen Ost und West, und Mittel- und Osteuropa verwandelte sich in die Arena, wo dieser Konflikt ausgetragen wird “, sagt Mitow. „Russland betont immer wieder, dass es die Unterwerfung durch die westliche Zivilisation nicht zulassen wird. Solange wir nicht geklärt haben, wo die Grenze zwischen uns liegt, werden wir unsere Beziehungen zu Russland nie rationalisieren können. Die Probleme vor Europa kommen meist schneller, als Europa bereit ist, sie zu lösen. Heute breitet sich der Populismus der nationalistischen Parteien aus. Der sog. Brexit ist das Signallämpchen, das uns zeigt, wie groß die Unzufriedenheit innerhalb der Europäischen Union schon ist. Deshalb muss die EU mehr denn je schnelle, aber vor allem gemeinsame Lösungen finden und die richtigen, und nicht die populären Entscheidungen treffen“, fordert Außenminister Mitow.
Mit Sicherheit eine falsche Entscheidung wäre, wenn sich die Europäische Union zu einer Reaktion auf den europafeindlichen Propagandaton Russlands hinreißen ließe. Die Europäische Union ist eine Wertegemeinschaft und eine solche Antwort würde ihr nicht stehen. Um die Beziehungen zwischen Europa und Russland wieder ins richtige Lot zu bringen, schlägt der Soziologe Kantscho Stojtschew jedoch ein anderes Rezept vor:
„Je mehr wir Russland in die Enge treiben – ob mit Propagandamitteln oder sonst wie – umso mehr festigen wir Putins Machtstellung“, behauptet der angesehene Soziologe. „Unser Problem ist nicht das russische Volk, sondern der russische Präsident. Jüngsten soziologischen Angaben aus Russland zufolge sieht jeder vierte Russe seine und die Zukunft Russlands mit Europa. Wir müssen uns an diese 25 Prozent festhalten und unseren Erfolg daran messen, ob sie mehr werden. Das ist durchaus realistisch, jedoch nicht durch Konfrontation zu erreichen“, meint Kantscho Stojtschew.
Und während sich Politiker und Soziologen die Köpfe über die Instrumente der hybriden Kriegsführung zerbrechen, liefert der Journalist Iwan Bedrow eine einfache Definition von dem, was Russland praktiziert: Moskau verbreitet in den Medien einfach und zielgerichtet Desinformation. Der Einfluss dieser Lügen, wie Bedrow es vereinfacht, sei nur dank des Internets möglich. Wir sind verletzbar, weil wir vernetzt sind.
„Das Endprodukt selbst der traditionellen Medien ist nichts weiter, als Nachrichten aus dem Ausland, die ausschließlich aus der Desinformation im Netz zusammengewürfelt sind“, behauptet der Online-Journalist Iwan Bedrow. „Eines der großen Probleme der Medien weltweit ist, dass sie von den sozialen Netzwerken abhängig geworden sind. Und sie haben keine Chance, eine solche Verbreitung zu erreichen, wie facebook oder Twitter. Überall auf der Welt, aber insbesondere in Bulgarien, leiden die Medien unter ausgeschöpften Finanzierungsmöglichkeiten. Die erste Stelle, wo gespart wird, sind die Journalisten, die internationale Themen behandeln. Sehr paradoxal ist aber, dass in Bulgarien ausgerechnet das Interesse an Informationen aus dem Ausland stark zugenommen hat. Das hat seine Gründe – die Griechenland-Krise, die Ukraine-Krise, die Flüchtlingskrise usw. Es wäre falsch, auf die Propaganda mit Propaganda zu antworten. Das wäre sogar dumm. Vielmehr geht es darum, als Medien glaubwürdige und geprüfte Information zu bieten. Doch, die bulgarischen Medien können es sich leider nicht leisten, für Inhalt zu zahlen“, sagte abschließend Iwan Bedrow.
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