Im Vorfeld des muslimischen Ramadan-Fests sowie im Rahmen der Initiative „Kardschali: eine multikulturelle Stadt“ hat die Moschee der Stadt ihre Pforten für öffentliche Vorlesungen zum Thema „Die Osmanische Architekturtradition in Bulgarien: muslimische und jüdische Gebetshäuser“ geöffnet. Die Multimedia-Präsentation auf der Grundlage von wissenschaftlichen Forschungen von Historikern, Archivdokumenten und Fotos aus über 20 Moscheen, darunter Meisterwerke des berühmten osmanischen Architekten Mimar Sinan (1489-1588), wurde von der Art-Bewegung „Krag“ (zu Deutsch: Kreis) vorgestellt.
Im Abschnitt über die Synagogen wurden mehrere erhaltene Gotteshäuser aus der osmanischen und der postosmanischen Epoche gezeigt. Archäologische Funde belegen, dass Juden bereits seit der Antike in unseren Breiten ansässig sind. Davon zeugt beispielsweise ein einzigartiges Mosaik einer Synagoge aus dem 3.-4. Jahrhundert, das nahe der Kirche der heiligen Petka in Plowdiw freigelegt wurde.
Unter dem Publikum in der Moschee waren u.a. Schüler aus dem Dorf Entschetz. Ihnen wurden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der gebräuchlichen Rituale in den Sakralbauten beider Religionen nahegebracht. Gastgeber des Events war der Mufti der Region Beyhan Mehmed.
Radost Nikolaewa, Veranstalterin und Lektorin, stellte die faszinierendsten Beispiele aus dem osmanischen Architekturerbe vor. Genannt seien die Tombul-Moschee in Schumen, die Dzhumaya- und die Imaret-Moschee in Plowdiw, die Moschee von Osman Pazvantoglu in Widin, die Banya-Baschi-Moschee in Sofia, die Brücke in Svilengrad sowie das Grabmal von Ak Yazala Baba. Die Präsentation akzentuierte auf den tausendjährigen Prozess der Umgestaltung einer gegebenen Kultstätte – aus einem Thraker-Tempel wurde eine frühchristliche Basilika, später eine mittelalterliche Kirche, eine Moschee und erneut eine Kirche.
„Seit zwölf Jahren hat sich die Art-Bewegung „Krag“ als Hauptakteur zur Annäherung verschiedener kultureller Gemeinschaften in Kardschali etabliert", erzählt die Vorsitzende der Bewegung Radost Nikolaewa. „Wir tragen seit langem Dokumente über türkische Familien in der Region Kardschali und ihrer Verwandten in der Türkei zusammen. Seit 2011 widmen wir uns der osmanischen Sakralarchitektur in Bulgarien für populärwissenschaftliche Ziele. Die Nachforschungen der Historiker belegen das ewige Leben von geistigen Stätten, die von einer Religion in eine andere übergegangen sind. Am Bau der Moscheen beteiligten sich bulgarische Handwerksmeister, Stile wurden weitergegeben, Kulturen haben ihre Spuren hinterlassen. Die Neuheit ist, dass wir uns erstmals in eine Kultstätte wie eine Moschee vorgewagt haben, um die ganze Vielfalt und Schönheit der osmanischen Architektur zu zeigen, einschließlich jüdischer Gotteshäuser.“
Nur wenige wissen, dass es in Kardschali einst eine sephardische Gemeinschaft gab. Die 1924 gebaute Synagoge brannte in den 1950er-Jahren jedoch vollständig ab. Heute erinnert eine Gedenktafel an ihren einstigen Standort.
Für Radost Nikolaewa ist die Veranstaltung ein innovatives Event in freundlicher Unterstützung des regionalen Muftirates. Zumal auch die Organisation der Juden in Bulgarien „Shalom“ vertreten war. Sie überreichte der Art-Gesellschaft die Memoiren von Esther Niego aus Israel, die 1935 in Kardschali geboren wurde und zu jener Zeit die Tochter des ersten lokalen Vorsitzenden der Gemeinschaft Nisim Niego war. Zudem ist sie die Gründerin der Kulturorganisation der Jüdinnen in Kardschali (1931).
Zafer Galibow, einer der bekanntesten bulgarischen Fotografen, schenkte der Art-Gesellschaft eine CD mit Fotos von Synagogen der Gegenwart. Er selbst wurde in Widin geboren. Sein Vater war türkischer, seine Mutter – jüdischer Abstammung. Die jüdische Gemeinschaft in Kardschali hat den Zweiten Weltkrieg überlebt, obwohl Bulgarien ein Verbündeter von Nazi-Deutschland war. Nachdem die Kommunisten die Macht ergriffen hatten, bestiegen jedoch alle Juden eines Nachts des Jahres 1949 in Burgas ein Schiff in Richtung Israel.
Heute bringt sich die Jugend von Kardschali voller Elan in die Wiederbelebung ihres vielfältigen Kulturerbes ein. Sie singt, tanzt und ist gemeinsam schöpferisch tätig. Jedoch nicht, um Klischees zum Multi-Kulti-Thema zu bedienen:
„Ich bin kein Anhänger von großen Worten über Toleranz, das reicht nicht“, meint Radost Nikolaewa. „Toleranz ist ganz einfach eine Art kulturelle Höflichkeit, ich würde sogar sagen kulturelle Distanziertheit und Gleichgültigkeit. Hier geht es darum, alle Teilnehmer anzuregen, multikulturelle Ressourcen zu nutzen, um eine neue Art von Kultur und Bürgerbewusstsein hervorzubringen. Wie es in anderen Städten wie Edirne und Palermo der Fall ist. Ich wünsche mir, dass Kardschali diesen Orten gleicht, weil die Stadt genau diesen Geist in sich trägt.“
Übersetzung: Christine Christov
Fotos: Miladina Monowa und BGNES
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