Auf unserem nunmehr 26 Jahre andauernden steinigen Weg zur Demokratie betreten wir immer häufiger die Kirche. Auf der Suche nach Zuversicht, um für Gesundheit zu beten oder einfach nur, um es den anderen gleichzutun. Jedoch immer seltener auf der Suche nach Gott. Gehen wir heute nicht so in die Kirche, wie wir in der Vergangenheit zur Manifestation gegangen sind? Wie gläubig sind die Bulgaren und inwieweit ist die Religion eine Modeerscheinung? Mit diesen Fragen wandten wir uns in der hauptstädtischen Georgskirche an den Priester Stojan Tschilikow.
„In gewissem Sinne mögen sie Recht haben“, meint Priester Tschilikow. „Nach dem Ende der kommunistischen Ära in Bulgarien wendete sich die Kirche allen Altersgruppen zu, auch der jungen Generation. Die verlorenen Jahre sind jedoch nicht so einfach aufzuholen. Deshalb kommen die meisten Menschen heute auch nur an Festtagen zu uns. Jeder trägt den Glauben in seiner Seele. Der Glaube ist ein Geschenk, keine Entdeckung. Es wird noch Generationen dauern, bis die Kirche wieder normal funktioniert und all das überwunden ist, wovon sie gesprochen haben.”
An der heutigen Einstellung der Bulgaren zum Glauben ist wohl kaum nur der Sozialismus schuld. Ist der Glaube nicht etwas, was der Mensch in sich trägt, unabhängig von jeglichen Strömungen? Immerhin hat unser Volk dank seines Glaubens die fünfhundertjährige osmanische Fremdherrschaft überlebt.
„Auch die fünfhundertjährige osmanische Fremdherrschaft hat ihre Spuren hinterlassen. In jener Zeit gab es Märtyrer für den Glauben aber auch solche, die ihren Glauben gewechselt haben. In jener Zeit haben wir Traditionen und unser Selbstvertrauen verloren“, meint Priester Tschilikow. „ Dann sorgte der Kommunismus mit noch größerer Härte dafür, dass die Menschen nicht in die Kirche gehen. Worte wie Gott, Glaube und Kirche waren verboten. In den Anfangsjahren des Sozialismus wurden viele Geistliche in die Konzentrationslager gebracht, die Kirche war der Verfolgung ausgesetzt. Die Menschen hatten Angst, an Weihnachten oder Ostern in die Kirche zu gehen. Uns so wuchsen ganze Generationen von Bulgaren ohne Gott auf. Ich würde mir wünschen, dass sich die Jugend tiefgründig mit Christus und seinem Leben befasst. Das bringt christliche Tugenden hervor und dämpft die Kriminalität ein. Dann wird jeder einzelne und damit die gesamte Nation einen positiveren Entwicklungsweg einschlagen.”
Der Glaube der Bulgaren hat prinzipiell seine eigene Spezifik. In der Praxis bewegt er sich zwischen dem christlichen Glauben, dessen Interpretation und Aberglauben. Seine Begegnungen mit den Menschen haben Priester Tschilikow gezeigt, dass die meisten Gott in sich tragen. Nur ein Bruchteil sind aufrichtige Atheisten.
„Der Glaube offenbart sich erst im Angesicht Gottes. Der moderne Bulgare gleicht scheinbar einem schüchternen Gläubigen. Er kann nicht loslassen und dem Glauben vertrauen, er kann sich Gott nicht öffnen und beten. Deswegen entwickelt sich etwas, was eher mit Aberglauben und der Simulierung von Glauben etwas gemein hat als mit dem Glauben an Gott“, meint der Priester. Das Zwiegespräch mit Gott und das Verstehens des Sinns der Worte Christi erwecken im Menschen christliche Tugenden. „Weil der Mensch von heute seinen Egoismus und seinen Ehrgeiz vorne anstellt, wogegen es im christlichen Glauben einen anderen Anhaltspunkt gibt – die Liebe, seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben und sich für ihn aufzuopfern “, meint Stojan Tschilikow. „Diese Tugenden sind der bulgarischen Gesellschaft abhanden gekommen“, ist der Geistliche überzeugt. „Wenn jemand glaubt, beginnt er zu beten und das Gebet bringt das hervor, wovon die Rede ist – Gott und seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben. Es gibt nur sehr wenige Menschen in der heutigen Welt, die zu wahrem Glauben finden und danach leben.”
An dieser Stelle führt der Priester ein Beispiel an, was für die Situation in Bulgarien bezeichnend ist.
„Es gibt Leute, die nur an großen Festtagen in die Kirche kommen. Vermutlich nur, um eine Kerze anzuzünden. Bei ihnen fehlt das tiefgründige Zwiegespräch. Wenn ich sie frage, ob sie an Gott glauben, bejahen sie. Wenn ich sie dann als Nächstes frage, ob sie beten, höre ich zuweilen die Antwort, man sollte es nicht übertreiben. D.h. für sie sind die Gebete der Gläubigen eine Art Fundamentalismus, das Verfallen ins Extreme. Die Weltanschauung der Menschen von heute hat meiner Ansicht nach nichts mit Christentum zu tun. Deshalb sind die christlichen Werte in der Gesellschaft verdrängt worden.”
Wie kann man das Denken verändern und zu Tugendhaftigkeit zurückkehren?
„An erster Stelle müssen wir, die Hirten, uns ändern und in Christus leben“, ist der Priester überzeugt. „An zweiter Stelle müssen wir beginnen, die Menschen zu katechisieren und viel mit ihnen arbeiten. Deshalb fordern wir auch die Einführung von Religionsunterricht an den Schulen. Auch brauchen wir den Kirchen angeschlossene Sonntagsschulen, wie es in jedem normalen Staat der Fall ist. Leider gibt es in Bulgarien nur sehr wenige Kirchen mit Sonntagsschulen und Vorträgen.”
Übersetzung: Christine Christov
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