Im hauptstädtischen Literaturklub „Die Feder“ wurde der zweite Band aus der Reihe „Das Mysterium der bulgarischen Wandmalereien“ vorgestellt. Er ist mit „Die heilige Geschichte und die Historie“ betitelt und erschien im Inle-Verlag, der auch den ersten Band „Gott berühren“ herausgegeben hat. Die Autorin Dr. Wesselina Watschkowa ist eine Expertin in antiker und mittelalterlicher Geschichte und Kultur und unterrichtet an der Nationalen Kunstakademie und am Gymnasium für alte Sprachen und Kulturen in Sofia. Koautorin ist die Verlegerin Marianna Schabarkowa-Petrowa, aus deren Feder das Buch „Über 100 bemerkenswerte Klöster in Bulgarien“ stammt; sie ist ferner als Französisch-Übersetzerin von Monographien zur Geschichte bekannt. Die Idee für das Buch kam nach langjährigen Forschungsarbeiten beider Frauen auf, die sie im In- und Ausland durchführten.
Dr. Wesselina Watschkowa teilte uns Einzelheiten mit: „Der zweite Band der Reihe stellt die „Dialekte“ der religiösen Wandmalerei vor, die sich im Laufe der Zeit herausgebildet haben“, erzählt die Wissenschaftlerin. „Zu Beginn folgte man der Maxime „Die Malerei ist die Bibel derer, die des Lesens unkundig sind“ – eine Ansicht, die nicht nur von Papst Gregor dem Großen vertreten wurde. Man stellte alles dar, angefangen beim Alten Testament. Das wurde bis ins 12. Jahrhundert so gehandhabt. Danach machten sich zwischen Ost- und Westkirche deutliche Unterschiede bemerkbar. Vor allem die Ostkirche lehnte nach dem sogenannten „Byzantinischen Bilderstreit“ die Darstellung von Szenen aus dem Alten Testament ab.“
Im Buch über die Wandmalereien in Bulgarien werden vor allem zwei Themen in den Vordergrund geschoben. Das eine befasst sich damit, wie die Kirchengeschichte in den einzelnen christlichen Gemeinschaften in der Malerei wiedergegeben wurde. Nehmen wir zum Beispiel die Konzile.
„Die Konzile gehörten bis zum Jahre 843, als der Bilderstreit zugunsten der Ikonenverehrer gelöst wurde, zu den wichtigsten Ereignissen im Kirchenleben“, erzählt weiter Dr. Wesselina Watschkowa. „Diese Konzile legten im Grunde genommen den Grundstein der christlichen Religionslehre. Das zweite Thema, das im Buch vordergründig behandelt wird, betrifft die Haltung gegenüber den Stiftern und Herrschern. Der große Unterschied zwischen Ost- und Westkirche ist, dass im Osten die weltliche Geschichte nie mit der Kirchengeschichte in Verbindung gebracht wurde. Es wurde immer eine Distanz gewahrt. Nehmen wir beispielsweise die Geburt Christi – dort wird man nie das Bildnis eines Stifters entdecken; diese wurden stets an gesonderter Stelle dargestellt. Die Macht, besser gesagt die Machthaber wurden nicht vergöttert. Die Macht stand immer abseits. In diesem Sinne beleuchten wir auch eine Religionslehre in Bildern, die dem Bogomilentum nahe stehen. Es geht um eine Art Boglimentum, die in den Wandmalereien der offiziellen Kirche Eingang gefunden hat.“
Der erste Band aus der Reihe „Das Mysterium der bulgarischen Wandmalereien“ kam vor zwei Jahren heraus. Dieses Buch konzentriert sich auf das Neue Testament. Es wird das gesamte Bildkonzept vorgestellt, wie auch die Art und Weise der Darstellung in den bulgarischen Kirchen und Klöstern. Der zweite Band, der nun jüngst auf dem Markt erschien, wendet sich dem Alten Testament zu. Hier wird aber nicht nur das entsprechende Bildprogramm unter die Lupe genommen. Der Band heißt „Die heilige Geschichte und die Historie“ und untersucht wird die Einbeziehung und Andeutung der bulgarischen Geschichte in den religiösen Wandmalereien.
„Ich möchte auf das Einzigartige dieses Bandes aufmerksam machen“, sagt ihrerseits die Koautorin und Verlegerin Marianna Schabarkowa-Petrowa. „Diese Ausgabe stützt sich auf ein ausgesprochen umfangreiches Archivmaterial, das ich im Verlaufe von 20 Jahren gesammelt habe, in denen ich die Kirchen und Klöster Bulgariens besuchte. Und so ist das Buch reich bebildert und mit vielen zusätzlichen Informationen versehen. Das Interessante ist ferner die Herangehensweise bei der Behandlung der einzelnen Denkmäler – es werden stets Vergleiche angestellt, vor allem zu den Malereien in anderen Ländern. Es wird hervorgehoben, dass die bulgarischen Wandmalereien besonders inhaltsreich sind und zuweilen sogar interessanter sind, als die in Westeuropa. Außerdem wird betont, dass die bulgarischen Fresken fast immer einen antiken Beigeschmack haben, d.h. sie fußen auf sehr alten Traditionen, die hier und da durchblicken. Und das ist etwas Einzigartiges, das man in den bulgarischen Wandmalereien entdecken kann.“
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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