Nach stundenlangen heftigen Diskussionen hat das bulgarische Parlament die Novellen im Wahlgesetz endgültig verabschiedet. Somit ist es amtlich– in Bulgarien wird die allgemeine Wahlpflicht eingeführt.
Dafür stimmten 109 Abgeordnete, 74 waren dagegen und 10 enthielten sich der Stimme. Die Sozialisten (BSP) und die Türkenpartei DPS haben die Wahlpflicht abgelehnt, ausschlaggebend war jedoch das Votum der Vertreter der Regierungspartei GERB, der Patriotischen Front und der ABW-Partei. Interessant hat sich die Abstimmung in den Reihen des Reformblocks gestaltet. Zwei seiner Abgeordneten haben die Wahlpflicht unterstützt, 13 haben sie abgelehnt und fünf enthielten sich der Stimme. Ihre Gegner argumentierten ihre Entscheidung damit, dass der Wahlzwang in krassem Gegensatz zu den demokratischen Prinzipien stehe. Die BSP und die DPS taten den Text sogar als verfassungswidrig ab, denn laut Grundgesetz ist die Möglichkeit wählen zu gehen ein Recht und keine Pflicht. Aus diesem Grund will die DPS diesen Text vor dem Verfassungsgericht anfechten.
Nicht minder spannend ging es bei der Abstimmung über die anderen zwei Novellen im Wahlgesetz zu – über die Eröffnung eines Wahllokals im Ausland und über die gleichzeitige Durchführung von Wahlen und Volksbefragungen. In beiden Fällen hat sich die GERB von ihren früheren Entscheidungen distanziert und hat dagegen gevotet. Vor einem Jahr noch hat die Volksversammlung das Votum „Zwei in eins“, sprich die gleichzeitige Durchführung von Wahlen und Referenden, gebilligt. Nun wird das vom Showman Slawi Trifonow initiierte Referendum im Juli oder August stattfinden und nicht parallel zu den Präsidentschaftswahlen im Herbst, wie ursprünglich geplant war. Trifonow will das Volk über die Wahlpflicht befragen sowie über die Reduzierung der Abgeordnetenzahl auf die Hälfte, die Senkung der staatlichen Subventionen für die politischen Parteien und die Mehrheitswahl bei der Bestimmung der Chefs der regionalen Abteilungen des Innenministeriums.
Für eine Überraschung sorgte auch die Abstimmung über die Einrichtung eines Wahllokals für die bulgarischen Staatsbürger, die im Ausland leben. Die GERB-Abgeordneten haben die eigens von ihnen eingebrachte Gesetzesnovelle abgelehnt. Somit haben sie die Sozialisten und die DPS unterstützt und zusammen mit der Patriotischen Front, dem Bulgarischen Demokratischen Zentrum und den Parteien ABV und Ataka die Änderung verworfen, die der Rechtsausschuss im Parlament zuvor bereits gebilligt hatte. Das bedeutet, dass im Ausland lebende Bulgaren wie bisher lediglich eine Parteiliste und nicht präferenziell einen der darin enthaltenen Kandidaten wählen dürfen, während die Wähler in Bulgarien eine Berechtigung dazu haben.
Das, was nach der gestrigen Verabschiedung der Novellen im Wahlgesetz ins Auge fällt, ist die wachsende Spannung zwischen den Koalitionspartnern – der Regierungspartei GERB und dem Reformblock, der sich so geschlossen wie nie gezeigt hat.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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