Die Milchproduzenten in Bulgarien haben mit den verschiedensten Problemen zu kämpfen. Gegenwärtig sehen sie sich vor einer weiteren Herausforderung gestellt – es ist eine Krankheit, die für den Menschen ungefährlich ist, jedoch für die Wiederkäuer tödlich endet. Die Rede ist von der ansteckenden Lumpy-skin-Krankheit.
Simeon Prisadaschki, Vizevorsitzender der Vereinigung der Milchproduzenten Bulgariens, ist ernstlich besorgt und warnt, dass es das Ende der heimischen Milchbranche bedeuten würde, sollte sich diese Krankheit weiter ausbreiten. Ohnehin habe man mit der Überproduktion an Milchprodukten innerhalb der Europäischen Union und den entsprechend niedrigen Preisen der Konkurrenz zu kämpfen. Die Seuche sei aus Griechenland und der Türkei eingeschleppt worden. Ihre Eingrenzung sei schwierig und die Bekämpfung verlange harte Maßnahmen. Die Tierhalter ihrerseits, deren Rinder getötet werden mussten, sehen sich am Boden und protestieren. Sie halten den Behörden vor, dass keine rechtzeitigen Maßnahmen erfolgt seien. Nun verlangen sie Entschädigungen.
Am Mittwoch dieser Woche bewilligte die Regierung 7,5 Millionen Euro für die Bekämpfung der Seuche, die am 13. April zum ersten Mal konstatiert wurde. Heute sind bereits 13 Krankheitsherde bekannt. Die Ministerin für Landwirtschaft und Nahrungsgüterindustrie Dessislawa Tanewa informierte, dass Bulgarien von der Europäischen Kommission 350.000 Impfdosen für alle Rinder in Südbulgarien beantragt habe. Die ersten 150.000 Dosen sollen in der kommenden Woche eintreffen. Laut EU-Richtlinien sind Vorbeugeimpfungen gegen die Lumpy-skin-Krankheit nicht vorgesehen; die Impfung selbst wird zu einer dreijährigen Einschränkung im Handel mit Erzeugnissen führen, die aus den geimpften Tieren hergestellt werden. Für die Eigentümer der getöteten Tiere wurden bislang insgesamt 100.000 Euro Entschädigungsgelder bereitgestellt. Die Tierzüchter wollen aber kein Geld, sondern eine Entschädigung in Form von neuen Tieren nach Ablauf der Quarantänezeit, denn ihrer Ansicht nach wird das Geld die Verluste nicht decken können.
Neben der Seuche machen sich auch all die anderen Probleme der Branche bemerkbar. Darunter sind die Streichung der Herstellungsquoten für Milch vor einem Jahr und die Überproduktion in der Europäischen Union.
„In Europa herrscht eine Überproduktion an Milchprodukten und die Preise sind entsprechend niedrig, auch bleiben große Teile der Produkte unverkauft“, klagt Simeon Prisadaschki und schlussfolgert: „Das tötet die heimische Produktion. Wir können uns unmöglich aus all dem raus halten. Die Frage muss auf europäischer und nicht auf regionaler Ebene gelöst werden.“
Die Europäische Kommission sieht einen Ausweg im Export der Milcherzeugnisse nach China, Vietnam und Indonesien... Im Februar dieses Jahres war der EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan wiederum auf einer Rundreise durch Kolumbien und Mexiko. Ihn begleiteten u.a. auch bulgarische Milchproduzenten. Wie ist das zu werten, fragten wir den Vizevorsitzenden der Vereinigung der Milchproduzenten Bulgariens.
„Das klingt alles sehr exotisch“, meint Prisadaschki. „Die neuen Märkte sind im Grunde genommen die gut bekannten alten. Wir haben uns einen ernstzunehmenden Markt, nämlich den russischen versperrt. Der bulgarische Milchexport dorthin war nie überwältigend groß, doch wir sind indirekt betroffen. Die europäische Überproduktion hat zu einem größeren Angebot in Bulgarien und damit zu einer größeren Konkurrenz geführt.“
Ein weiteres Problem sind die qualitativ minderwertigen und die Scheinprodukte. Sind die Bulgaren nicht in der Lage, sie zu erkennen?
„Man erkennt sie schon, die meisten Bulgaren können sich aber nur Billigprodukte leisten“, meint Simeon Prisadaschki. „In den größeren Städten achten die Menschen eher darauf, was sie essen. In den kleinen Gemeinden denken Menschen ans Überleben und nicht an die Möglichkeiten der Wahl. Die Qualität der bulgarischen Milchprodukte ist nicht schlechter geworden. Das Problem besteht darin, dass die Menschen die billigeren Produkte bevorzugen. Es geht also nicht nur um die Scheinprodukte, sondern um die sogenannten markenlosen Produkte und die der Supermarktketten, mit denen sie die Preise nach unten drücken.“
Wie kann dann die bulgarische Milchbranche angesichts des Überangebots weiter bestehen? Die Griechen zum Beispiel sind sehr patriotisch eingestellt und kaufen vornämlich die landeseigenen Produkte. Die Italiener ihrerseits haben das Problem mit der illoyalen Konkurrenz gelöst. In Bulgarien hingegen ist die illoyale Konkurrenz übermäßig stark. Wie stark eigentlich?
„Also ich möchte keinen erschrecken, aber die Zahlen sprechen für sich“, sagt Simeon Prisadaschki. „Im vergangenen Jahr wurden in Bulgarien offiziell 500.000 Tonnen Rohmilch aufgekauft. Produziert wurden aber rund eine Million Liter. Jeder kann sich selbst die Differenz ausrechnen...“
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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