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EU versucht, Sicherheitspolitik umzudenken

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Foto: EPA / BGNES

Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Toleranz... Die Terroranschläge im Herzen Europas haben die Grundwerte der Europäischen Union in Frage gestellt. Die europäischen Bürger fürchten sich und sorgen sich um die eigene Sicherheit. Ihre Reaktion darauf ist oft die Wahl rechtspopulistischer Parteien. Um auf diesen Trend zu reagieren, will die Europäische Union eine neue, "Globale Strategie der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik" ausarbeiten. Das Papier soll beim EU-Gipfel im Juni vorgelegt und verabschiedet werden.

Снимка"Um erfolgreich zu sein, darf dieses Dokument kein Werk nur der Brüsseler Bürokratie sein. Deshalb finden EU-weit 14 Diskussionsrunden statt, um gemeinsam zu debattieren", erklärte gestern Antonio Missiroli bei der Eröffnung der Diskussionsrunde in Sofia. Seit 2012 leitet er das Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien. Er forderte mehr Ausgaben für Verteidigung, denn dieses Thema werde in letzter Zeit leider immer aktueller.

"Die Terrorbekämpfung und die Cybersicherheit sind ebenfalls Probleme, die wir in der EU nur gemeinsam lösen können. Genauso, wie die Flüchtlingswelle und die Bewachung unserer Grenzen", sagte Missiroli in Sofia. "All diese Ereignisse beeinflussen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, die das Ziel haben muss, für ein komplexes Gleichgewicht zu sorgen. Unsere neue Strategie sollte in den nächsten 3-4 Jahren aktuell sein und den Entscheidungen der EU zu Grunde liegen. Sie soll aber auch auf die Bedürfnisse der EU-Bürger eingehen, und genau darin liegt die größte Herausforderung vor den Autoren der neuen Strategie für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik", meint der Leiter des EU-Instituts für Sicherheitsstudien.

СнимкаDie Sicherheit wird zu einem Thema erst dann, wenn sie gefährdet ist. Während einer aus historischer Sicht relativ langen Zeit stellte sich für Europa die Frage nach der Sicherheit nicht. Aus diesem Grund gab es auch kein Bedürfnis, eine sicherheitspolitische Strategie auszuarbeiten. Während des Kalten Krieges war Europa in einem bipolaren politischen Modell mit klaren Grenzen gezwängt, gesichert durch den Atomwaffenschirm der USA. "Dieses Modell sorgte für ein Gleichgewicht in der Welt", analysiert der Soziologe Ognjan Mintschew vom Institut für regionale und internationale Studien in Sofia.

"Die Jahrzehnte des Friedens und des Fehlens von Sicherheitsbedrohungen in Europa haben mehrere Generationen von Europäern in Frieden, Pazifismus und Freiheit erzogen. Sie haben an ihre Sicherheit nicht denken müssen, weil sie gegeben war", sagt weiter Ognjan Mintschew. "Heute ist die Europäische Union ein Verbund nationaler Staaten, die jedoch zu wichtigen politischen und strategischen Aspekten keine Einigkeit erzielen kann. Der Großteil der europäischen Interessen werden aus der Sicht der nationalen Interessen diskutiert. Aus diesem Grund fällt es uns so schwer, gemeinsame politische und strategische Interessen zu formulieren und zu befolgen", meint der Soziologe.

СнимкаProf. Dinko Dinkow von der Wirtschaftshochschule in Sofia zufolge verspürt die Europäische Union die dringende Notwendigkeit, die Realität in der heutigen Welt zu umdenken. "Wenn wir diesem Wandel in der Welt keine Rechnung tragen, wird die EU mit der Strategie für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik bloß das nächste Papier produzieren, das wir nicht brauchen", kritisiert Prof. Dinkow.

"Der Vertrag von Maastricht verwandelte die Europäische Union in eine politische, wirtschaftliche und Währungsunion, sie ist aber immer noch keine Union für Sicherheit", mahnt der Universitätsprofessor. "Bevor wir eine neue Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik für die kommenden 10-15 Jahre erstellen, müssen wir analysieren, was innerhalb der EU passiert. Die Gründungsväter der EU haben uns einen Rahmen vererbt, den wir heute leichter Hand aufgeben wollen. Gemeint ist die Idee vom übernationalen Staat. Die Überwindung des Nationalstaates ist zwar die größte europäische Idee, sie brachte uns aber auch viel Elend. Heute trauen wir uns kaum, darüber laut zu sprechen, denn innerhalb unserer Europäischen Union wuchert ein vergessen geglaubter Nationalismus aus", so Prof. Dinkow.

Die politischen Beobachter in Bulgarien sehen Europa vor einem Wandel in der politischen Auffassung für "rechts" und "links" stehen. Immer wenn die Sicherheit bedroht ist, gewinnen die Konservativen und die Nationalisten an Einfluss. Das Problem liegt aber darin, dass anstelle der traditionellen Konservativen die lautstarken Populisten getreten sind. Sie errichten Zäune und schotten sich ab. Damit greifen sie allerdings die Folgen, nicht die Ursachen der gestiegenen Gefahr für die Sicherheit in Europa an.



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