Am 1. April werden vor allem in Europa und Nordamerika Scherze gemacht. Viele Medien lassen sich das natürlich nicht entgehen. Am Bulgarischen Nationalen Rundfunk gibt es eine spezielle Redaktion, die sich „Humor und Satire“ nennt und für das Inlandsprogramm „Christo Botew“ arbeitet – fast jeden Tag versteht sich und nicht nur am 1. April.
Diese Redaktion blickt auf lange Traditionen zurück und gilt als eine der ältesten unseres Rundfunks überhaupt. Sie ging aus einer Satirereihe des Agrarprogramms hervor und etablierte sich als selbständige Redaktion erst Anfang der 60er Jahre. Nach den Ereignissen in Tschechien 1968 wurde sie aufgelöst und erst im Jahr darauf wiedereröffnet. Der Redaktion gehörten namhafte bulgarische Schriftsteller, Schauspieler und Satiriker verschiedener Generationen an. Wie war das mit dem Humor damals, fragten wir Wessel Zankow, den wir in der Redaktion als ersten antrafen.
„Ich bin seit 1991 mit dabei, also erst nach der Wende zur Demokratie, und Probleme mit der Staatsführung haben wir nicht“, erzählt er. „Vordem war es natürlich anders. Das galt für das Programm „Humor, Satire und Unterhaltung“ (heute „Humor und Satire“), wie auch für die Satirezeitung „Starschel“ (auf Deutsch „Hornisse“). Sie waren die einzigen Orte, wo kontrollierte Kritik laut werden konnte. Das hatte seine Regeln – kritisiert wurde nur bis zur Ebene stellvertretender Minister, höher durfte man nicht gehen. Auch die Themen waren sehr beschränkt. Beispielsweise: fehlende Verpackungen für Erzeugnisse oder Verkäufer, die beim Wiegen der Produkte schwindeln. Alles andere musste geschickt in Fabeln verpackt werden. Das spornte wiederum das Denken an und es entstanden sehr gute Beiträge. Heute ist es anders – man kann sagen, was man will und der Humor ist zu einer Art Alltagsware geworden. Die Kunst ist verlorengegangen.“
„Ich möchte den russischen Humoristen Žvaneckij zitieren“, fügt seinerseits Dimitar Beschanski, ein weiterer Kollege von der Satire-Redaktion hinzu. „Er sagte: „Heutzutage kann man nur schwer etwas Humoristisches schreiben. Früher, wenn ich schrieb: „Wir sind ein Land der immergrünen Tomaten“, dann krümmten sich alle vor Lachen. Heute steht so etwas bereits auf der Titelseite einer jeden Zeitung. Wie soll man da Humor machen?“
Ljubomir Metodiew ist seit längerer Zeit in der Redaktion „Humor und Satire“: „Ich bin seit 1990 mit dabei – ich fing an einem 1. April an und habe nur einmal Probleme gehabt; man kann sie nicht einmal als solche bezeichnen“, erinnert er sich. „Wir hatten an einem 2. April im Satiretheater eine „Wohltätigkeitsveranstaltung zur Unterstützung der notleidenden bulgarischen Abgeordneten“ aufgenommen. Und als wir die Sendung ausstrahlen wollten, meldete sich der damalige Generalintendant Iwan Obretenow und meinte, wir sollen sie nicht ausgerechnet jetzt ausstrahlen, weil man im Parlament den Haushaltsplan verabschieden würde. In den Debatten stellte sich jedoch heraus, dass für die Nachrichtenagentur BTA zehn Millionen gefunden werden müssen, damit sie weiterfunktioniert. Es wurde der Vorschlag gemacht, jeweils fünf Millionen aus den Zuschüssen für das Fernsehen und das Radio zu nehmen. Obretenow meldete sich sofort ein zweites Mal bei uns und ordnete an: „Strahlt die Sendung sofort aus!“…
Von den Kollegen der Redaktion für Humor und Satire wollten wir wissen, in welche Bahnen sich der heutige Humor bewege:
Wassil Zankow meinte, dass es Unterschiede zwischen Hörfunk und Fernsehen gäbe: „Wir bemühen uns, bestimmte künstlerische Werte einzuhalten und die Vielfalt des Humors zu bewahren und Abgeschmacktheiten und offensichtlichen Blödsinn zu vermeiden. Wir in unserer Redaktion sind Idealisten und das ist nicht schlecht“, betont Wassil und Dimitar fügt hinzu: „Wir befassen uns nicht mit dem Humor unterhalb der Gürtellinie!“ Ljubomir meinte: „Unser Humor bleibt aber menschlich und dreht sich um humane Dinge“. Alle drei suchen nach der künstlerischen Seite des Humors und wollen die Hörer nicht vergraulen.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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