Heute feiert die katholische Welt die Auferstehung Christi. Es feiern auch die Katholiken in Bulgarien mit – es ist eine relativ kleine Gemeinde von etwas mehr als einem Prozent der Landesbevölkerung.
Die Anfänge des Katholizismus in Bulgarien reichen bis ins Mittelalter zurück, als Mönche des Franziskanerordens aus dem heutigen Bosnien eine Pilgerfahrt ins Heilige Land unternahmen. Ihr Weg führte durch Bulgarien, damals noch Teil des Osmanischen Reiches unter türkischer Fremdherrschaft. Einige der Franziskaner Mönche blieben in Bulgarien und setzten durch ihre Missionsarbeit den Anfang der Römisch-katholischen Kirche auf dem Gebiet des heutigen Bulgarien. Neben Moslems, Juden und Armeniern sind die Katholiken eine der zahlreichen, jedoch zahlenschwachen religiösen Minderheiten im überwiegend christlich-orthodoxen Bulgarien.
Um 10 Uhr morgens unter der Woche haben sich nur wenige, meist ältere Menschen, in der kleinen, aber gemütlichen Mariä-Entschlafungskirche im Zentrum von Sofia eingefunden. Hinter der Altarwand steht der 58-jährige Vater Blagowest Wangelow. Im gold schimmernden Festgewand zelebriert er die Messe.
Sonntags und an großen Kirchenfesten versammeln sich bis zu 200 Menschen. Zwar bilden sie eine katholische Gemeinde im meist orthodoxen Bulgarien, doch das spielt im Alltag überhaupt keine Rolle. In Bulgarien leben unterschiedliche religiöse und ethnische Minderheiten seit Jahrhunderten friedlich zusammen. Die geografische Lage des Landes, im Herzen der Balkanhalbinsel, und das Hin und Her in der Geschichte seit der Antike bis in die heutigen Tage hat die Bulgaren tolerant gemacht. Die Geschichte ist auch ein immer wiederkehrender Gesprächsstoff in der 3000-Seelen-Gemeinde von Vater Blagowest.
"Die meisten sind Bulgaren, aber wir haben auch Familien aus der Ukraine, aus Rumänien, und aus anderen Ländern, die bulgarische Vorfahren haben und seit vielen Jahren hier leben. Es sind katholische Familien, die unsere Tradition pflegen."
Vater Blagowest erzählt zwar die Geschichte seiner kleinen Kirchengemeinde, es ist aber zugleich auch seine eigene. Die meisten in seiner Gemeinde sind Flüchtlinge aus den Balkankriegen nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches.
"Meine Mutter ist in Thessaloniki geboren, mein Vater – aus der Gegend von Kilkis, etwas weiter nördlich. In diesem Teil vom heutigen Griechenland hatte unsere griechisch-katholische Kirche vor dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Gemeinden. Als Bulgarien diese Gebiete abtreten musste, sind die bulgarischen Katholiken aus dieser Gegend ins Landesinnere geflüchtet. So auch meine Familie, die irgendwann in den 20er Jahren nach Sofia gezogen ist."
Vom 14. bis Ende des 19. Jahrhunderts war Bulgarien Teil des Osmanischen Reiches. Unter der türkischen Fremdherrschaft wurde das Christentum unterdrückt. Auf dem Gebiet des heutigen Bulgarien gab es schon damals überwiegend orthodoxe Christen. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts kämpften sie um die Wiederherstellung ihrer eigenständigen Kirche. Im Zuge des nationalen Befreiungskampfes bildeten sich jedoch zwei Strömungen – eine für die Wiederherstellung der bulgarischen orthodoxen Kirche und eine – für die Annäherung an Rom. 1860 ist die griechisch-katholische Kirche in Bulgarien vom Vatikan anerkannt worden.
"Ich diene der katholischen Kirche seit über 20 Jahren. Nach Abschluss des klassischen Gymnasiums in Sofia studierte ich Theologie als Privatstudent – vor der Wende war es anders nicht möglich. Dann hatte ich die einmalige Gelegenheit, zwei Jahre in Rom zu studieren. Ich bin zwar griechisch-katholisch und wuchs unter orthodoxen Bulgaren auf, aber das hat nie einen Unterschied gemacht. Unser Ritus ist dem der orthodoxen Kirche sehr ähnlich, und auch unser Kirchenkalender unterscheidet sich kaum."
Der große Unterschied zwischen der orthodoxen und der katholischen Kirche in Bulgarien ist das soziale Engagement. Selbst für Nichteingeweihte in das kirchliche Leben ist die Wohltätigkeit der Katholiken in Bulgarien ihr Aushängeschild. Die katholische Kirche finanziert sich ausschließlich über Spenden aus Bulgarien und dem Ausland, das Geld reicht nie aus, wird aber trotzdem benutzt, um sozialschwachen Menschen zu helfen.
"Wir sind eine kleine Gemeinde und können bedürftigen Menschen nur bedingt helfen. Wir führen verschiedene soziale Projekte, unterstützen behinderte Menschen, haben ein Heim für alleinerziehende Mütter eingerichtet und kümmern uns um Flüchtlinge."
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