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Über 90 Prozent der Städter atmen schmutzige Luft

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Foto: BGNES

Jährlich sterben mehr als 15.000 bulgarische Bürger vorzeitig wegen der schmutzigen Luft, die wir alle atmen. Diese Angabe stammt von einem Bericht der Europäischen Umweltagentur. Sie betont: „Die Luftverschmutzung stellt in Europa das größte einzelne umweltbedingte Gesundheitsrisiko dar. Durch die Luftverschmutzung verkürzt sich die Lebensdauer der Menschen und sie kann ernsthafte Krankheiten, wie Herzerkrankungen, Atemwegsprobleme und Krebs begünstigen.“

In Bulgarien ist es neben Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Blei vor allem der Feinstaub, der die meisten Probleme bereitet. Der bulgarische Pulmologie-Verband stellte auf seinem jüngsten Kongress noch erschreckendere Zahlen als die Europäischen Umweltagentur vor – ernstlich betroffen sei das Gros der Stadtbewohner. Neben Lungenerkrankungen, begünstigt die schmutzige Luft ebenso Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, Reproduktionsstörungen und Frühgeburten. Die Sterberate liegt in Bulgarien so und so schon hoch genug – europaweit nehmen wir den achten Platz ein. Was die Luftverschmutzung in den Städten anbelangt, liegt Bulgarien jedoch an erster Stelle unter allen europäischen Ländern. Vier der am meisten verschmutzten Städte befinden sich in Bulgarien – das sind Pernik, Plowdiw, Plewen und Dobritsch. Laut einer Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation liegt die bulgarische Hauptstadt Sofia unter den Großstädten der Welt an fünfter Stelle, in denen der Feinstaub in der Luft das Lungenkrebs-Risiko um mehr als ein Viertel erhöht.

Was den Feinstaubanteil in der Luft anbelangt, hat sich herausgestellt, dass über 90 Prozent der Stadtbevölkerung unter schmutziger Luft leiden“, sagt Valeri Serafimow von der Bulgarischen Umweltschutzagentur. „Wenn bereits an 35 Tagen im Jahr der Anteil des Feinstaubs über den zulässigen Werten liegt, setzen gesundheitliche Probleme ein. Registriert wurden aber bei weitem mehr Tage. 2015 wies Widin 187 Tage mit übermäßiger Feinstaubbelastung auf, in Plewen waren es 138 Tage, um zwei krasse Beispiele zu nennen.“

Feinstaub bildet sich vor allem bei der Verbrennung von Flüssig- und Festbrennstoffen, sowohl in der Industrie, als auch in den Haushalten. Sein Anteil in der Luft kann nur dann gesenkt werden, wenn der Autoverkehr verringert, Grünzonen geschaffen, die Straßen gewaschen, vor allem aber umweltfreundliche Heizstoffe verwendet werden. Entsprechende Maßnahmen können vor allem von den Gemeinden getroffen werden.

Jede Gemeinde muss den Bewohnern bessere Brennstoffe, wie beispielsweise Erdgas, anbieten“, ist Valeri Serafimow überzeugt. „Vielerorts gibt es bereits Anschlussmöglichkeiten und jene, die es wünschen und es sich auch leisten können, sollten der Umwelt und der Gesundheit zuliebe davon Gebrauch machen. Solang aber die Menschen nicht davon überzeugt sind, dass es besser ist, wird man keine nennenswerte Verbesserung der Luftqualität erzielen.

Das Problem liegt darin, dass die ärmeren Bulgaren, und sie sind das Gros der Bevölkerung, Festbrennstoffe verheizen. Daher scheut das Umweltministerium vor drastischen Einschränkungsmaßnahmen. Laut den Angaben der letzten Volkszählung 2011, verwenden 57 Prozent der Menschen in Bulgarien Holz und Kohle zu Heizzwecken; 26 Prozent nutzen elektrischen Strom; 14 Prozent haben Fernheizung und lediglich anderthalb Prozent besitzen eine Gasheizung. Ist es aber zulässig, dass aus rein finanziellen Gründen die Menschen schmutzige Luft atmen müssen?

Natürlich ist es nicht normal – die Bevölkerung ist aber nun einmal arm und ist auf umweltbelastende Heizstoffe angewiesen“, meint Valeri Serafimow. „Selbst in den Großstädten sind viele Menschen gezwungen, ihre Fernheizung abzustellen und auf Holz oder Kohle zurückzugreifen, weil es billiger kommt. Alles ist also in Volkes Hand, wie es so schön heißt.

Um das Luftproblem zu lösen, werden für Bulgarien 60 Millionen Euro aus dem operationellen Programm „Umwelt“ bereitgestellt. Die Gemeinden wollen in diesem Jahr fast genauso viel locker machen, um Grünzonen anzulegen und umweltfreundlichere Busse für den öffentlichen Nahverkehr anzuschaffen.

Übersetzung: Wladimir Wladimirow



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