Der bekannte Professor für Politologie Evgenii Dainov, der übrigens ein alteingefleischter Rocker ist, stellte unlängst im Literaturklub „Die Feder“ seine Sammlung mit Erzählungen über die Wendezeit vor. Das Buch heißt „Wendebeginn – Aufzeichnungen über die Revolution 1989 bis 1996“ und ist der zweite Band einer Trilogie, die der jüngsten Geschichte Bulgariens gewidmet ist.
„Ich begann förmlich auf der Straße zu schreiben, als ich mich an den Straßenprotesten der Wendezeit beteiligte“, erzählt Evgenii Dainov. „Das Buch ist also eine Art Geschichtsdarstellung – es erzählt Dinge, die mir und anderen Menschen passiert sind und die wir gesehen haben, wie zum Beispiel die Brandschatzung des Parteigebäudes der Kommunisten. Alles Gesehene habe ich beschrieben, ohne jedoch ausführlich zu kommentieren. Die Schlussfolgerungen können die Leser ziehen.“
Trotz der recht turbulenten Ereignisse sei das Buch optimistisch, meint der Autor. Die Dinge, die passieren müssen, geschehen auch in Bulgarien, wenn auch langsam und ungeordnet. Ihnen hafte jedoch eine komische Seite an, und so betont Dainov den unterhaltenden Charakter seines Buches. Es enthalte keine tiefgreifenden politischen Analysen.
„Die Revolutionen sind schon lange nicht mehr das, was sie waren – die Bastille wird gestürmt, eingenommen und schon kommt der nächste Diktator, wie Napoleon“, scherzt Evgenii Dainov. „Die Revolutionen vom Ende des 20. und dem Beginn des 21. Jahrhunderts sind friedlich, enden aber auch nicht immer erfolgreich. 1989 schaffte es jedoch Osteuropa, sich zu befreien. Eine andere Frage ist, wie lange die einzelnen Länder brauchten – einigen gelang es bereits 1989/90. Wir Bulgaren sind recht zurückhaltend und auch nicht konsequent; wir waren aber bislang gezwungen, in gewissen Abständen Revolutionen mitzuerleben. Die jüngste „Episode“ war 2013 – die Proteste gegen die Regierung Orescharski. Nun schreiben wir das Jahr 2016 und es wird sicher auch solche „Episoden“ geben, weil sich in der Zwischenzeit erneut ungetane Arbeit angehäuft hat.“
Evgenii Dainov sieht in den neuen Revolutionen keine abgeschlossene Geschichte. Die Revolutionen gehen weiter, denn die Generation der Wende sei nun im reifen Mannesalter. Das Buch von Dainov enthalte aber auch eine andere Botschaft: die ernsten Dinge müssen nicht immer langweilig und schwer verständlich sein. Sie können durchaus auch bunt und unterhalten sein. Die Revolution sei, seinen Worten nach, im Endeffekt eine Art Vorstellung, ein Abenteuer, oder eine Fete. Dainov sieht in ihr einen Ausdruck des Freiheitswillens und der Würde, und falls man das nicht gebührend feiert, dann sei etwas nicht in Ordnung.
“Meine Sicht ist die eines Staubkorns in der Revolution”, meint bescheiden Dainov. „Mein Buch ist eine Erzählung von unten mit Blick nach oben. Unten ist es aber am interessantesten; wenn ich nach oben schaue, sehe ich nur den blauen Himmel“, sagte uns abschließend der bekannte Professor für Politologie Evgenii Dainov.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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