Eine der interessantesten und lobenswertesten Kampagnen 2015 war dem 100jährigen Spielfilmjubiläum Bulgariens gewidmet. Im Januar 1915 fand die erste öffentliche Vorführung des bulgarischen Films "Balgaran ist galant" statt. Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller war Wassil Gendow.
Gendow hat die Grundlagen des Nationalen Filmarchivs und des Verbands der bulgarischen Filmkünstler gelegt. 100 Jahre nach der ersten Spielfilmvorführung in Bulgarien wurde dem Publikum der Dokumentarfilm „Wassil Genow – Mythos und Realität“ über die Anfänge des bulgarischen Kinos gezeigt. Dieser Streifen war nur eine von vielen Events und Initiativen im Rahmen der Jubiläumsfeiern.
„Das ganze Jahr stand im Zeichen des 100jährigen Jubiläums der bulgarischen Leinwandkunst, dem sich viele Kulturinstitute angeschlossen haben“, erläutert der Filmwissenschaftler Prof. Boschidar Manow. „Die bulgarische Filmakademie hat bei ihrer Preisverleihung einen besonderen Jubiläumsakzent gesetzt. Das bulgarische Nationalfernsehen wiederum hat zwei sehr erfolgreiche Filmformate ins Leben gerufen. Im Rahmen der Reihe „Die Lackschuhe des bulgarischen Kinos“ wurden 100 von den Zuschauern gewählte bulgarische Spielfilme gezeigt. Während des zweiten Formats – „Die Lackschuhe des bulgarischen Dokumentarfilms“ – das immer noch läuft, werden insgesamt 20 Dokumentarfilme gezeigt. Die Öffentlichkeit war über das Kinojubiläum bestens informiert. Ich möchte an dieser Stelle klarstellen, dass wir 100 Jahre bulgarische Spielfilmkunst gefeiert haben. Denn einige Jahre früher, 1909-1910, wurden die ersten bulgarischen Dokumentarfilme gedreht. Diese Tatsache sollten wir nicht vergessen, um die Geschichte der bulgarischen Leinwandkunst nicht künstlich zu verkürzen“, kommentiert Prof. Manow.
Das Jubiläum hat die Kinogilde mobilisiert. Im Haus des Kinos in Sofia fand ein Diskussionsklub mit Autograph statt, wo den Zuschauern beliebte bulgarische Filme und deren Autoren vorgestellt wurden. Das Publikum – vornehmlich junge Leute, konnte interessante und unbekannte Fakten über die Kreation der gezeigten Streifen erfahren und die Analysen namhafter Filmkritiker hören. Am Rande der großformatigen Filmfestivals „Goldene Rose“ und „Liebe ist Wahnsinn“ wurden rege Diskussionen organisiert. Das größte Kino-Event in Bulgarien, das Sofia Filmfest, wartete mit zwei Filmreihen auf – in der ersten wurden klassische bulgarische Filme gezeigt, die vor der Wende 1989 entstanden sind und die andere stellte neue bulgarische Filme aus der Zeit nach 1990 vor.
„In Sofia hat das Nationale Filmarchiv im Kino Odeon sowohl Filmprämieren als auch Streifen aus den Archiven gezeigt, d.h. die gesamte Kinematographiegilde war mit einbezogen“, erzählt Prof. Manow. „Das sind mehr als 3.000 Professionalisten, die sich in der einen oder anderen Form an den Jubiläumsfeierlichkeiten beteiligt haben. Zweifellos gehört das bulgarische Kino zu den Grundpfeilern unserer gegenwärtigen Kultur, deshalb ist seine Festigung unser aller Aufgabe. Ich persönlich empfinde Genugtuung darüber, dass das Werk von Wassil Gendow und der Pioniere der bulgarischen Filmkunst beleuchtet und geehrt wurden.“
In der Zeitschrift „Kino“ wurden das ganze Jahr über unterschiedliche historische, analytische und kritische Texte zum 100jährigen Jubiläum der bulgarischen Spielfilmkunst veröffentlicht. Die Nationale Theater- und Filmkunstakademie war Gastgeber der bedeutenden Konferenz „Bulgarisches Kino – 100 Jahre nach den Anfängen“. Die vorgetragenen Referate wurden dann in einem Sammelband veröffentlicht.
„Es ist erfreulich, dass gerade im hundersten Jubiläumsjahr der bulgarischen Spielfilmkunst zwei bulgarische Titel auf angesehenen internationalen Filmfestivals etliche Auszeichnungen abgeräumt haben - „Pechvögel“ von Iwajlo Christow und „Der Untergang von Sosopol“ von Kostadin Bonew. Ich hoffe, dass der Staat, der dieses Jubiläum finanziell unterstützt hat, künftig auch die Filmproduktion und die Verbreitung bulgarischer Filme im In- und Ausland fördern wird. Es handelt dabei nämlich nicht um private Interessen einer Berufsgilde, sondern um den kulturellen Horizont der zeitgenössischen bulgarischen Gesellschaft“, sagte Prof. Manow abschließend.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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