Ein komisches Land, dieses Bulgarien. Zunächst regierte in der Republik ein nie abgedankter Thronnachfolger als Ministerpräsident. Nun sitzt eine Partei in der Regierungskoalition, derer Co-Vorsitzender in der Opposition ist. Und obwohl seine Partei sich von der Regierungsmehrheit verabschiedet hat, behielt sie einen Ministerposten. Würde jemand heute genau wissen wollen, wie viele Parlamentssitze die regierende Mehrheit in Bulgarien hat, bekäme er darauf nur schwer eine Antwort.
Es ist nicht das erste Mal, dass in Bulgarien nach Parlamentswahlen eine bestimmte Konstellation zu Stande kommt, die dann kurzerhand überrumpelt wird. Damit wird der Wille des Wählers umgetauscht. Gewiss, die vorgezogenen Parlamentswahlen vor einem Jahr hatten den Parteien in der Volksversammlung eine denkbar schwierige Aufgabe gestellt: Mit acht Parteien und keiner klaren Mehrheit dauerte es Wochen, bis eine komplizierte und schwer zu haltende Regierungskoalition auf die Beine gebracht werden konnte. Nun droht, dieses wackelige Konstrukt in sich hineinzufallen. Umfragen belegen, dass die Bürger eine solche Entwicklung, sprich Neuwahlen, durchaus für möglich halten. 46 Prozent wollen die politische Stabilität wahren, d.h. die jetzige Vierparteienkoalition soll ihre vierjährige Amtszeit zu Ende führen. 43 Prozent aber wollen Neuwahlen. Die Spaltung in der bulgarischen Gesellschaft von vor einem Jahr ist also nicht überwunden.
Seien wir mal ehrlich: bei den Parlamentswahlen vor einem Jahr haben die Bürger ihre Stimme nicht für Reformen abgegeben. Trotz monatelanger Proteste und der Hoffnung auf einen Neuanfang, der endlich mit den korrupten Machtstrukturen in Bulgarien Schluss macht, haben die Wähler für Stabilität votiert. Denn die Parteien, die tiefgreifende Reformen in der Justiz, und davon abgeleitet in allen anderen Bereichen, durchführen wollen, bekamen nur 23 von insgesamt 240 Parlamentssitzen. Es wäre naiv zu glauben, dass mit 23 Abgeordneten so wichtige Reformen durchgesetzt werden können, wie die Verfassungsänderungen. Ebenfalls naiv ist zu glauben, dass Neuwahlen daran etwas ändern würden. Von den heute im Parlament vertretenen acht Parteien würden mindestens drei den Sprung über die 4-Prozent-Hürde nicht schaffen. Darunter ist auch eine der kleinen Regierungsparteien. Die große Frage ist, ob die stärkste Regierungskraft, die GERB-Partei von Ministerpräsident Borissow, die absolute Mehrheit bekommen würde. Aber selbst, wenn es dem so wäre, ist an tiefgreifenden Reformen nicht zu denken. Sonst hätten wir sie bereits.
Wie es ein Jahr später aussieht, waren viele Bürger naiv, als sie glaubten, mit dem Reformblock sei nachhaltig und kontinuierlich Politik zu machen. Enttäuscht muss man heute zugeben, dass der Reformblock mit seinen 23 Abgeordneten nichts weiter ist, als ein Bündnis, das auf die Schnelle und nur der Wahl wegen gegründet worden ist. Die ihn zusammensetzenden fünf Parteien sind offensichtlich nur scheinheilig von den konservativen Ideen vereint, sondern viel mehr vom eigenen politischen Ehrgeiz, dick gepolsterte Ministersessel zu ergattern. Und genau diesem Ehrgeiz wird er Opfer fallen. Mit dem Austritt einer der Reformblockparteien aus der Regierung hat der Zerfall bereits angesetzt. Dieser Kurswechsel ist der breiten Öffentlichkeit in Bulgarien schwer zu erklären. Und so nun sitzen wir heute da, ohne genau zu wissen, wer denn nun regiert und wer in der Opposition ist.
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