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2008: Konstantin Pawlow - im Mutterleib eines Walfischs

-  Wo warst du - fragen sie mich - über drei Jahrzehnte lang?

-  Ich war im Mutterleib eines Walfischs. Das wisst ihr doch alle, warum fragt ihr dann.

-  Wie hast du - fragen sie mich - die drei Jahrzehnte in seinem Wanst verbracht?

-  Auch das wisst ihr - ich habe gezockt mit jenem... biblischen Jona.

-  Aber Jona hat den Wal verlassen - sagen sie zu mir - warum aber fehlt von dir jede Spur? - fragen sie.

-  Jona ist herausgekommen, weil Gott ihn freigekauft hat, für mich jedoch hatte der Teufel keinen müden Groschen übrig.

-  War es schlimm - fragen sie mich - so viele Jahrzehnte?

-  Es war furchtbar, es wurde langweilig - ich rauchte und schwieg, schwieg und rauchte...

-  Und was wirst du jetzt machen - fragen sie mich - in den nächsten drei Jahrzehnten?

-  Ich? Keine Ahnung. Ich weiß aber, dass der Wal drei Jahrzehnte lang Zigarettenstummel spucken und das Meer verschmutzen wird.

Die Gedichte und die Stimme stammen von Konstantin Pawlow, der fortfährt: "Um in den Bauch eines Walfischs zu gelangen, muss man Qualitäten nachweisen. Dort kann nicht jeder hin... Als ich ankam, fand ich Waleri Petrow vor, mich traf ein anderer an – sagen wir mal Boris Hristow..."

"Niemand anderer hat in den 1960er-Jahren und danach mit solch einer Bestimmtheit die Meinungsfreiheit, die schöpferische Eingebung und die Autonomie der Kunst verteidigt." Mit diesen Worten beginnt das bisher einzige Buch, das Konstantin Pawlow gewidmet ist. Geschrieben wurde es vom Dichter Ani Ilkow.

Als Dichter der "April-Generation" ist Konstantin Pawlow ein einzigartiger Scheidungsfall, der sich in gegenseitigem Einverständnis vom Regime trennt. Als einziger tritt er mit dem Schiwkow-Regime in den direkten und kompromisslosen Konflikt. Das erklärt auch, warum in 30 Jahren nur drei Gedichtsammlungen von ihm veröffentlicht wurden. Da man sich in den wenigen Jahren, in denen man ihm erlaubt seinen Lebensunterhalt mit Worten zu bestreiten, vor seinen Worten und Versen fürchtet, bevorzugt er die Sprache der Bilder. So entstehen die Drehbücher zu einigen der originellsten und berührendsten bulgarischen Filme. Genannt seien "Erinnerung an die Zwillingsschwester", "Lausche dem Hahn!", "Illusion", der verbotene Streifen "Massenwunder", "Weiße Magie", "Gedächtnis" und "Etwas liegt in der Luft".

Konstantin Pawlow wird kein Massenwunder wie die anderen Papageien aus dieser Epoche, da sein Wunder für die Masse zu hoch ist. Unverdaulich, unverständlich, düster, selbst bösartig. Diese Meinung über ihn wird auch von der Parteikritik eingeflößt.

"Sie sagen `Feind`, ohne konkret zu werden. Gleich einer Einstufung. Wenn sie konkreter würden, könnte sich herausstellen, dass es sich hierbei um eine wertvolle Persönlichkeit handelt. Offenbar stehe ich jemandem im Wege. Wie jeder andere Mensch bin auch ich ein passiver Konsument feindseliger Gefühle, der zuweilen jedoch mit gleichen Gefühlen antwortet", konterte der Dichter.

Da seine Gedichte den autoritären Geschmack der Regierung ängstigen und reizen, zieht man es vor, ihn mundtot zu machen. Nach der Veröffentlichung seines ersten Gedichtbandes wird gegen ihn ein Veröffentlichungsverbot verhängt, das ihn zwölf Jahre lang zum Schweigen verdammt. Trotz seiner Isolation in der bulgarischen Kultur, in den Dingen, die er ausspricht, hat er erschütternde Einsichten. Konstantin Pawlow sucht wahres Verständnis anstatt Begeisterung vor skandalösem Ruhm. Er schützt seine Poesie vor trivialem Lesen und verhindert damit, dass sie nach 1989 für die Ziele der neuen Demokratie missbraucht wird. Zur gleichen Zeit werden sieben seiner Gedichtsammlungen und seine "Ausgewählten Werke" in vier Bänden veröffentlicht.

Im Alter von 75 Jahren vollendet der Dichter seine "Süße Agonie". Was bleibt, sind seine Gedichte, deren Schweigen erst künftig nachhallen wird. Und die Worte eines anderen Dichters, der ihm bis zum Tod ein Freund war - Rumen Leonidow:

"Heute können wir getrost behaupten, dass Konstantin Pawlow unsere Poesie mit der Leichtigkeit eines Genies erneuert hat. Dass er mit seiner unbekannten Ästhetik in unsere Kinos und Theater vorgedrungen ist, wo er leider keine seinem Geist treue Deuter fand. Dafür aber hatte die große russische Poetin Anna Achmatowa lange vor all seinen Verleumdern begeistert erklärt: ´Konstantin Pawlow? Das ist der größte bulgarische Dichter, den ich je gelesen habe!"

Übersetzung: Christine Christov



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