Der 6. September gilt in Bulgarien als der Tag der Vereinigung, obwohl sich an jenem Tag des Jahres 1885 lediglich zwei, wenn auch die größten ethnisch bulgarischen Landesteile vereinten: das Fürstentum Bulgarien und Ostrumelien.
Sieben Jahre zuvor waren alle ethnisch bulgarischen Gebiete auf der Balkanhalbinsel in Folge des russisch-türkischen Krieges von 1877/78 befreit worden. Doch der am 31. Januar 1878 abgeschlossene Vorfriede von San Stefano wurde noch im gleichen Jahr auf einem Kongress der Großmächte in Berlin revidiert. Das Bulgarien von San Stefano wurde in drei Teile zerrissen, wobei man nur einem Teil den Namen Bulgarien zugestehen wollte. Das heutige Nordbulgarien mit dem Gebiet von Sofia sollte nach den Kongressbeschlüssen ein autonomes und tributpflichtiges, also ein türkisches Lehnsfürstentum bilden, das von den 164 Tausend Quadratkilometern des San-Stefano-Bulgarien nur noch 64 Tausend Quadratkilometer umfassen sollte. Der Fürst von Bulgarien konnte zwar von der Bevölkerung frei gewählt, seine Wahl aber vom Sultan mit Zustimmung der Großmächte bestätigt werden. Südbulgarien sollte unter der Bezeichnung Ostrumelien eine von der Hohen Pforte halbabhängige Provinz mit ausgedehnter administrativer Autonomie bleiben. Nach dem Wunsch der Engländer musste auch der Name Südbulgarien verschwinden, denn die Bewohner sollten selbst durch den Namen ihres Landes nicht an ihre Nationalität erinnert werden können. Der dritte Teil Bulgariens von San Stefano, also das ganze Makedonien, wurde wieder der direkten und uneingeschränkten Autorität des Sultans unterstellt. Faktisch blieb nur ein Teil des bulgarischen Volkes mit einem eigenen, halbwegs unabhängigen Staatswesen frei.
„Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert des Diktats der Großmächte“, erzählt Stefan Schiwatschew, Direktor des regionalen Geschichtsmuseums der südbulgarischen Stadt Plowdiw. „Die internationalen Kongresse in Paris, Wien und danach 1878 in Berlin zeichneten die Zukunft Europas um Jahrzehnte vor. Zum ersten Mal wagte es 1885 ein kleines Volk auf dem Balkan – die Bulgaren, dem Diktat der Großmächte zu trotzen. Obwohl sich alle darüber im Klaren waren, dass der Berliner Vertrag absolut ungerecht gegenüber den Bulgaren war, setzte ihn keiner in Frage. Selbst die Großmacht Russland erlaubte es nicht, dass man offiziell über eine Revision des Berliner Vertrages und die Vereinigung Bulgariens sprach.“
Die Verfassungsgebende Volksversammlung des Fürstentums Bulgarien erklärte jedoch die nationale Vereinigung zu einer Priorität in der Außenpolitik des jungen Staates. Im Februar 1885 wurde in der südbulgarischen Stadt Plowdiw, damals Hauptstadt Ostrumeliens, ein zentrales bulgarisches Revolutionskomitee gegründet mit dem Ziel der Vereinigung von Nord- und Südbulgarien.
Als die internationale Lage günstig erschien, marschierte der bulgarische Fürst Alexander I. in Plowdiw ein, bejubelt vom ganzen Volk. In seinem Vereinigungsmanifest stand ausdrücklich, dass die neue bulgarische Macht im ehemaligen Ostrumelien die Rechte aller Bürger wahren werde, sowohl der bulgarischen Mehrheit, als auch der Minderheiten, wie Türken, Armenier, Juden und Griechen. So widersetze sich die nichtbulgarische Bevölkerung in Ostrumelien nicht der Vereinigung.
„Die Vereinigung Bulgariens ist das erste und wohl auch einzige Ereignis in der bulgarischen Geschichte, in der sich alle Bürger geschlossen hinter eine Idee stellen“, setzt Stefan Schiwatschew fort. „Die Nachrichtenagenturen Europas verbreiteten die Meldung über die Vereinigung in Windeseile. Die Reaktion der Großmächte war natürlich abweisend. Es überraschte sie aber, dass sowohl die bulgarischen Politiker, als auch die gewöhnlichen Menschen sich bereit zeigten, die Vereinigung mit allen Mitteln zu verteidigen.“
Serbien, angestachelt von Österreich-Ungarn, erklärte Bulgarien den Krieg, weil das Gleichgewicht auf dem Balkan gestört worden sei. Russland, das den Berliner Vertrag nicht ohne Zähneknirschen hatte hinnehmen müssen, trat plötzlich für die Aufrechterhaltung der Vertragsbestimmungen und gegen den Anschluss ein. Der russische Zar Alexander III. zog kurzer Hand alle sich in bulgarischem Dienst befindenden russischen Offiziere ab. Dem jungen bulgarischen Heer verblieben nur einige wenige Offiziere, unter denen nur ein einziger Major war. Trotzdem gelang es ihnen, unter dem Oberbefehl des jungen Fürsten, die königliche serbische Armee in nur 7 Tagen zu zerschlagen.
„Nach der Vereinigungserklärung lenkte der serbisch-bulgarische Krieg die Aufmerksamkeit auf sich. Bulgarien sorgte für Schlagzeilen und zeigte, dass es außenpolitisch durchaus ernst zunehmen und nicht einzig ein Opfer ist, wie es im Aprilaufstand 1876 und dem Befreiungskrieg der Fall war.“
Dieser Sieg über Serbien war entscheidend. Die Donau-Monarchie rettete den serbischen König Milan, indem ihr Vertreter den Vormarsch der bulgarischen Truppen unter Androhung militärischer Maßnahmen zum Stehen brachte. Der daraufhin abgeschlossene Vertrag stellte nur den Frieden wieder her, ohne Serbien Gebietsverluste oder materielle Entschädigungen aufzuerlegen. Damit fanden sich die europäischen Großmächte mit der Vereinigung Bulgariens ab.
Anlässlich des 130. Jahrestages seit der Vereinigung zeigt das regionale Geschichtsmuseum Plowdiw eine Ausstellung im Parlament in Sofia. Vorgestellt werden sehenswerte Zeitzeugnisse, wie auch Kunstwerke aus jener Zeit. Darunter verschiedene Gemälde, die den Berliner Kongress und den Fürsten Alexander I. beim Einmarsch in Plowdiw zeigen, sowie historische Aufnahmen, die zum ersten Mal dem Publikum gezeigt werden.
„Wir möchten die Gesichter der Menschen zeigen, die die Vereinigung vorbereitet, ausgeführt und verteidigt haben“, erzählt der Direktor des regionalen Geschichtsmuseums der südbulgarischen Stadt Plowdiw. „Es sind Revolutionäre, Politiker, Minister und Diplomaten, aber auch ganz gewöhnlich Bulgaren in Bauernkleidung.“
Anlässlich des Tags der Vereinigung wurde auch ein Sammelband mit Archivdokumenten herausgegeben, die die Bulgarische Akademie der Wissenschaften, verschiedene Universitäten, Museen und Archive zur Verfügung gestellt haben.
Deutsche Fassung: Wladimir Wladimirow
Fotos: BTA, BGNES, Weneta Pawlowa
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