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Der Hoffnungslosigkeit den Rücken kehren

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Geringe Unterstützung für die klassischen politischen Parteien, niedrige Wahlbeteiligung, mangelndes Vertrauen in die eigene Demokratie und hohe Bereitschaft, das Land zu verlassen – so lassen sich die Ergebnisse einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung über Politik, Werte und Lebensvorstellungen der jungen Menschen in Bulgarien zusammenfassen. Die Studie ist ein soziologisches Portrait der jungen Generation Bulgariens, 25 Jahre nach der Wende und knapp acht Jahre nach dem EU-Beitritt.

Durch harte Arbeit allein kann man in Bulgarien leider nichts erreichen.“ So eine emblematische Antwort eines Studenten aus Sofia. Die Studie der Friedrich Ebert Stiftung ergab, dass sich die jungen Menschen in Südosteuropa ihre Zukunft eher im westlichen Ausland vorstellen, als in der Heimat. Warum schaut in Bulgarien fast jeder Zweite nach außen?

Über die Ergebnisse der Studie unterhielten wir uns mit Michaela Mahler von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Sofia.

Foto: fes.bgDie gängigen Motive, wie Arbeitsplatzsuche oder gute Bezahlung werden in der Studie klar. Die jungen Leute sehen seit dem Beitritt zur EU, dass ihnen die Türen auch in anderen Ländern offen stehen. Und da ist Westeuropa natürlich besonders attraktiv, weil die Arbeitsaussichten und auch die Bezahlung besser sind. Hinzu kommt auch, dass die politische Umgebung von den jungen Leuten als sehr instabil wahrgenommen wird. Die jungen Leute nehmen sehr wohl wahr, dass es nach wie vor starke Demokratiedefizite gibt, dass die Konsolidierung der Demokratie noch nicht vollständig vollzogen ist und im Grunde auch nicht in Aussicht ist, dass es sich bald verbessern würde. Die alten Eliten sind nach wie vor an den entscheidenden Posten und ziehen die Strippen im Land. Durch ehrliche Arbeit sehen die wenigsten hier Chancen, sich erfolgreich zu realisieren.“

Das ist ein Wandel, denn bis zum EU-Beitritt 2007 haben ähnliche Studien ergeben, dass die jungen Menschen eher wegen sozialer Unsicherheit auswandern. Ihnen war dieser politische Motiv weniger wichtig. Wie hat sich die Lage seit dem Beitritt verändert?

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass seit dem Beitritt zur EU der Blick natürlich stärker auf die anderen Länder fällt und dadurch der unmittelbare Vergleich zwischen Bulgarien und den anderen Ländern gezogen werden kann. Somit fallen jetzt Dinge in den Blick, die im Vergleich zu anderen Dingen in Bulgarien negativ erscheinen. Früher hat man vielleicht eher ganz subjektiv seine Situation im Land bemängelt, und jetzt vergleicht man sich mit westeuropäischen Ländern.“

Merkt man unter den jungen Bulgaren einen Willen, eben diese Umstände in Bulgarien zu verändern? Sie haben es gesagt – es herrschen große Demokratiedefizite. Das ist ein Grund der Auswanderungswilligen, die Heimat zu verlassen. Packen die jungen Leute selbst an, um die Gesellschaft zu verändern? Denken Sie überhaupt an diese Möglichkeit und wird eine politische Laufbahn überhaupt angestrebt?

Es ist leider nach wie vor so, auch wegen dieser schwierigen Verhältnisse in der Demokratie in Bulgarien, dass eine politische Karriere aus Gründen der Inhalte eher selten angestrebt wird. Es gibt durchaus viele aktive junge Menschen, die etwas bewegen wollen und die sich engagieren. Aber der Studie zufolge steht die große Masse der Politik sehr skeptisch gegenüber. Ein Weg in die Politik wird eventuell gesucht, wenn man Karrierechancen sucht, aber eher weniger, um etwas zu bewegen, weil in den vergangenen Jahren klar wurde, dass es sehr schwer ist oder fast aussichtslos ist, durch Engagement etwas zu bewegen. Das schreckt eben viele junge Menschen ab.

Das ist eine Resignation der Regierungsproteste vor zwei Jahren, die ja von jungen Menschen getragen wurden? Und zwei Jahre später sieht man kein verändertes Bild?

Genau das ist interessant, was genau die Auslöser sind, dass diese Proteste nicht anschlussfähig sind oder dass die Forderungen, die im Rahmen dieser Proteste laut wurden, eigentlich nicht zu weiteren Aktionen oder gesellschaftlichem Wandel führen.“

Zu den Gründen für die Auswanderung bulgarischer Jugendliche gehört ja auch die Arbeitslosigkeit. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung in dieser Studie festgestellt hat, dass die Arbeitslosen, die auswandern wollen, lieber arbeitslos in Deutschland wären, als in Bulgarien. Während ein gut ausgebildeter junger Mensch eher Chancen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland hat, haben Langzeitarbeitslosen aus Bulgarien ja keine Chancen. Und dennoch verlassen sie das Land.

Eher nicht. Die Frage ist dann, wie erfolgreich sie natürlich im Ausland sind, da dieser Mythos der Einwanderung in die Sozialsysteme natürlich so auch nicht gegeben ist. Jemand, der langzeitarbeitslos in Bulgarien ist, nach Deutschland kommt und keine Arbeit findet, der hat auch keinen Anspruch auf soziale Sicherung. Es ist nicht so, wie in der internationalen Presse gern behauptet wird, dass jetzt alle in die mittel- und westeuropäischen Länder kommen und dort die sozialen Systeme ausnutzen.“



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