Honig aus wohlriechenden Bergkräutern, Milch von in der Natur weidenden Tieren, Konfitüre aus schmackhaften Waldfrüchten – und all das inmitten der Woche in einer Großstadt. Das zweite Jahr in Folge präsentierten Landwirte im Rahmen des bulgarisch-schweizerischen Projekts "Der Balkan und die Menschen" im Innenhof des Agrarministeriums in Sofia ihre Erzeugnisse im Freien. Bulgarien könne auf einem noch "schmackhafteren Weg" wandeln, ist der beliebte Fernsehkoch Uti Batschwarow überzeugt - und bereitete inmitten der Stände der Biobauern einen "grünen" Kebab zu. Hier das Rezept:
"Zunächst einmal 100 kg schönes bulgarisches Rindfleisch, 100 Bund Lauchzwiebeln und 100 Bund frische Petersilie. Dazu mehrere Kilos echten wilden Thymian aus den Bergen, der für ein wundervolles Aroma sorgt. Mit meinen Riesenpfannen und Kesseln durch Bulgarien streifend, habe ich gelernt, dass jede Region ihre Besonderheiten hat. In den Rhodopen muss unbedingt Butter ins Essen, wenn’s lecker werden soll. Und so habe ich auch dem Kebab etwas Butter hinzu gegeben."
Nur wenige Stadtmenschen erinnern sich noch an den Geschmack von echtem Joghurt. Es hat sich herausgestellt, dass das auch ein Hindernis sein kann.
"Die Geschäfte tasten sich erst vorsichtig an unser Erzeugnis heran, da die Leute den Geschmack von echtem Joghurt vergessen haben", meint der Landwirt Hristo Wasilew aus dem Dorf Nefela bei Wratza. "Sie haben sich an Trockenmilch gewöhnt, die drei Monate lang im Kühlschrank stehen kann, ohne schlecht zu werden. Unser Erzeugnis ist dagegen nur zehn Tage haltbar."
Bis dato musste sich der junge Landwirt bei der Herstellung, der Verarbeitung und dem Joghurtvertrieb mit einer Reihe von Schwierigkeiten herumschlagen. Das größte Problem seien die Aufkäufer, die lediglich 12-13 Cent für den Liter Kuhmilch bezahlen, wobei die Selbstkosten bei knapp 40 Cent lägen, kommentiert der Jungbauer. Auch sind die Tierzüchter an ihre Region gebunden, d.h. sie dürfen ihre Erzeugnisse nur in ihrem Gebiet und in einer Nachbarregion verkaufen. Und so sind für Hristo Wasilew Großstädte wie Sofia, Plowdiw und die Schwarzmeermetropolen tabu. Das gilt natürlich auch für Europa, wo die Nachfrage nach Bioerzeugnissen stark im Kommen ist.
Maja Angelowa hat in Prewala bei Tschiprowtzi eine kleine Werkstatt für Waldfruchtkonfitüre eröffnet. Auch sie leidet unter den Vertriebsbeschränkungen und verkauft ihre Erzeugnisse vorwiegend auf Bauernmärkten und in kleinen Läden. "In die Großhandelsketten ist kein Vordringen", ist Maja überzeugt. Und obwohl sich die Bio-Produkte durch ihre unangefochtene Qualität auszeichnen und förderlich für die Gesundheit sind, fehlen sie preisbedingt noch auf vielen Tischen.
"Bio-Honig ist teurer, weil er in geringeren Mengen gewonnen wird", erklärt der Imker Zwjatko Natschew aus Kalofer, dessen 200 Bienenstöcke am Fuße der Balkanberge gelegen sind. "Wir haben spezielle Auflagen und verwenden zur Behandlung der Bienen keinerlei Chemikalien sondern nur reine Produkte wie Lavendel- und Minzöl."
Inwieweit kann der Stadtmensch seine Ernährungsgewohnheiten umstellen? In den Großstädten spießen immer mehr Milchwarenläden und kleine Geschäfte mit Erzeugnissen vom Land aus dem Boden. Leider sei jedoch nicht immer das drin, was drauf steht, meint Uti Batschwarow und weiter:
"Das Vertrauen der Kunden ist schnell verloren. Deshalb sollten Ladeninhaber, die etwas auf sich halten, akribisch auf ihr Sortiment achten. Es ist wunderbar, wenn man im Ausland einen kleinen Laden entdeckt, der nur fünf Produkte führt, die dafür echt sind. Das müssen wir offenbar noch lernen – denn immerhin gibt es bereits Leute, die solche Erzeugnisse produzieren und deshalb beim Verkauf unterstützt werden müssen. Die Ehrlichkeit der Menschen, die diese Erzeugnisse verkaufen, ist dabei das Wichtigste."
Übersetzung: Christine Christov
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