Der 70. Jahrestag des Endes des Holocausts und des Sieges über den Faschismus war Anlass für eine Pressekonferenz im Bulgarischen Nationalen Rundfunk. Ein weiterer Anlass war die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Bulgarien und Israel.
In den Jahren des Zweiten Weltkrieges hat es Bulgarien, obwohl es ein Verbündeter Deutschlands war, geschafft, die bulgarischen Juden vor dem Abtransport in die Vernichtungslager zu retten. Diese Rettung war das Ergebnis der Initiative des damaligen Parlamentsabgeordneten Dimitar Peschew und 42 seiner Kollegen, der Metropoliten der bulgarischen orthodoxen Kirche Stefan und Kiril und der Solidarität der einfachen Bürger.
Der Vorsitzende der Organisation der Juden in Bulgarien „Shalom“, Maxim Benvenisti, erklärte bei der Pressekonferenz, dass unser Land auch einen Beitrag zur Gründung des Staates Israel geleistet hat: „Von den damaligen Ostblockstaaten hat nur die bulgarische Regierung die jüdische Gemeinschaft nicht daran gehindert, nach Israel überzusiedeln – mehr noch, sie hat alle Juden, die ins Land ihrer Vorväter ziehen wollten, sogar unterstützt“, sagte Maxim Benvenisti. „Die israelischen Politiker, die nicht bulgarischer Abstammung sind, und für die das Thema der Rettung vor dem Holocaust nicht so vorrangig ist, denken immer zuerst an diesen bulgarischen Beitrag, an diese 40.000 Menschen, ein großer Teil jung und mit Kampferfahrung aus dem antifaschistischen Widerstand, die sofort an die vorderste Front des Befreiungskrieges von 1948 zogen. Glauben Sie mir, die israelische Öffentlichkeit hat das nicht vergessen“, so der Vorsitzende der Organisation „Shalom“.
Seinen weiteren Worten zufolge waren trotz Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Bulgarien wegen der Zugehörigkeit unseres Landes zum Sowjet-Block die Beziehungen zwischen den Menschen in den beiden Ländern niemals abgebrochen. „Die Leute meiner Generation erinnern sich noch sehr gut an die Freunde und Verwandten, die auch in den Jahren der abgebrochenen diplomatischen Beziehungen hierher kamen. Niemand hinderte sie daran und sie fühlten sich hier sehr gut“, sagte er. „Glauben Sie mir, das ist eine Erinnerung aus meiner Kindheit und aus meiner Jugendzeit und aus den 20 Jahren danach. Natürlich war aber die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen ein sehr wichtiger Akt“, sagte Maxim Benvenisti weiter.
Zur Rettung der bulgarischen Juden in der Zeit des Zweiten Weltkrieges sagte der Botschafter Israels in Bulgarien Shaul Kamisa Raz folgendes: „Ein Teil der Beteiligten an den Ereignissen in jener Zeit könnten stolz auf die Rettung der bulgarischen Juden sein. Es gibt aber andere, die sich ihrer Taten damals schämen müssten. Wir müssen ständig diskutieren und weiter forschen, um zu verstehen, was genau damals geschehen ist. Dass wir heute in dieser Richtung weiterarbeiten, ist beachtlich“, so der israelische Botschafter.
Zur dieser Forschungsarbeit sagte die Historikerin Albena Tanewa, die an der Sofioter Universität „Hl. Kliment Ochridski“ unterrichtet: „In meinem Verständnis ist die Tragödie des Holocausts eine offensichtliche Katastrophe der Zivilisation und nicht nur ein jüdisches Problem“, sagte Albena Tanewa. „Das ist ein tiefes Problem aller Menschen, die damals gelebt haben und teilnahmslos oder distanziert zugeschaut haben, weil, wie wir wissen, damit das Böse siegt, müssen die bösen Menschen nicht unbedingt etwas böses tun – es reicht schon aus, dass die guten Menschen nichts tun“, so die Historikerin.
Besonders emotionsgeladen war die Ansprache des Haupt-Rabbiners des jüdischen Zentrums „Chabad“ Josef Salamon, der sowohl Vorfahren hat, die den Holocaust überlebt haben, als auch solche, die ihn nicht überlebt haben. „Für mich ist es etwas ganz besonderes, in einem Staat wie Bulgarien zu leben“, sagte er. Und weiter: „Ich möchte das ganze bulgarische Volk, den Staat, die Regierung und alle diejenigen segnen, die nicht mehr unter den Lebenden sind: die Metropoliten der bulgarischen Kirche in dieser Zeit, den abgeordneten Dimitar Peschew und viele andere. Und ich möchte unseren Zeitgenossen und der Regierung wünschen, dass sie genauso weitermachen und der ganzen Welt ein Beispiel geben, wie wir einander achten und beschützen müssen. Ich danke Ihnen“, so der Rabbiner Josef Salamon.
Übersetzung: Petar Georgiew
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