Nach zweijährigen nervenzehrenden Verhandlungen konnte am Mittwoch endlich eine offizielle Vereinbarung zwischen der staatlichen Nationalen Elektrizitätsgesellschaft NEK und den zwei amerikanischen Wärmekraftwerken AES und Contour Global über eine Änderung der langfristigen Stromkaufpreisverträge unterzeichnet werden. Das ist an sich schon positiv, weil es uns hoffen lässt, dass keine baldige Anhebung der Strompreise in Aussicht steht. Zur Erinnerung sei gesagt, dass die erste Regierung von Regierungschef Bojko Borissow zwei Jahre vor ihrer Amtszeit von der über die hohen Strompreise aufgebrachten Bevölkerung gestürzt wurde. Günstig ist zudem, dass der erfolgreiche Verhandlungsabschluss mit den größten Überseepartnern Bulgariens das Investitionsimage unseres Landes aufpoliert.
All das verdient auf den ersten Blick unseren Applaus und ist ein positiver Schritt in Richtung neue Auslandsinvestoren, wären da nicht einige Haken. Für die Endkunden wird aus diesen Preisnachlässen nämlich nichts herausspringen, da die Preise für sie von der Regulierungsbehörde für Strom und Wasser bestimmt werden. Dabei werden komplizierte Kalkulationen mit Blick auf die Preise diverser Stromproduzenten, darunter auch von Grünstrom, angestellt. Die bis über beide Ohren verschuldete Nationale Stromgesellschaft wird auch nichts gewinnen, sondern lediglich ihre Kosten senken können. Und das in Zeiten, da die bulgarische Energiewirtschaft als Ganzes und die Stromproduktion sowie der Handel mit Strom in einer nie da gewesenen Krise stecken und Riesenschulden anhäufen. Und als würde dies an sich schon nicht reichen, sieht sich die NEK gezwungen, dringend Hunderte Millionen Euro aufzutreiben, die sie in den nächsten zwei Monaten an die Amerikaner zu zahlen hat. Über solche Summen verfügt sie nicht, hat dafür aber Schuldenberge in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Ergo muss die NEK einen neuen Kredit aufnehmen, den sie dann eines Tages mitsamt den Zinsen zu begleichen hat.
Viele Experten sehen keinen Ausweg aus der Verlust- und Schuldenspirale, solange der Strom unter seinem Produktionspreis vertrieben wird. Andere angesehene Experten, Politiker und Soziologen wiederum mahnen an, dass es sich aus westeuropäischer Sicht bei 90 Prozent der Bulgaren um sozialschwache Menschen handelt, die es sich nicht leisten können, noch teureren Strom zu bezahlen. Hinzu kommt, dass 2015 Kommunalwahlen anstehen. Also wäre für die Politiker eine Anhebung der Strompreis ein Schuss ins Knie. Obwohl sich dieser Drahtseilakt nicht ewig in die Länge ziehen lässt, sind die politischen und sozialen Umstände momentan ungünstig für den schweren Eingriff, der an sich nötig wäre. So gesehen ist der Vertrag mit den Amerikanern vor allem für die politische Klasse in Bulgarien profitabel.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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