Anlässlich des bulgarischen Nationalfeiertages am 3. März, an dem die Befreiung des Landes von der nahezu 500 Jahre währenden türkischen Fremdherrschaft begangen wird, eröffnete das Sofioter Museum für Stadtgeschichte eine interessante Münzausstellung. Sie stellt die Anfänge des neuzeitlichen Münzwesens in Bulgarien vor. Einige der Exponate werden zum ersten Mal dem breiten Publikum gezeigt.
Bereits im Jahr nach der Neugründung des bulgarischen Staates 1878 wurde die Nationalbank geschaffen. Da eigenes Geld noch nicht geprägt wurde, war das Grundkapital der Bank in Goldfranken. Das Emissionsrecht erhielt die Bank 1880. Dieses Jahr setzte den Anfang in der neueren Geschichte des bulgarischen Geldes.
„In diesem Jahr begehen wir den 135 Jahrstag seit dem Beginn der Münzprägung in Bulgarien nach der Neugründung des Staates“, erzählt Dr. Nadeschda Kirowa-Jowtschewa, Direktorin des Museums für Stadtgeschichte der bulgarischen Hauptstadt. „Das wohl interessanteste Ausstellungsstück ist eine Probemünze, die nie in Umlauf gebracht wurde. Es handelt sich um ein 10-Centime-Stück. Unmittelbar nach der Befreiung Bulgariens entbrannte im Parlament eine heiße Debatte, ob sich Bulgarien in puncto Geldwirtschaft Westeuropa anschließen oder eine eigene Währung einführen sollte, die unsere nationale Identität unterstreicht.“
Einige Abgeordneten vertraten die Ansicht, dass Bulgarien die Währungseinheiten der Lateinischen Münzunion – Franken und Centime nutzen müsse. Die patriotisch gesinnten Volksvertreter setzten sich jedoch durch und so entstand die bulgarische Währung „Lew“ mit Untereinheit „Stotinka“, abgeleitet vom bulgarischen Wort für Hundertstel. „Lew“ steht wiederum für das Wappentier der Bulgaren – der Löwe.
Was die 10-Centime-Münze anbelangt, die 1880 probeweise geprägt wurde, ist sie eine absolute Rarität, denn bereits im Jahr darauf brachte man die neuen Münzen mit der kleinsten Währungseinheit in Umlauf.
„Bulgarien wurde förmlich aus dem Boden gestampft und das in kürzesten Fristen, selbst für heutige Verhältnisse“, vermerkt Todor Tschobanow, stellvertretender Oberbürgermeister Sofias. „In der neuen bulgarischen Hauptstadt entstanden eine nach der anderen die wichtigsten Institutionen; es wurden Gesetze geschmiedet, die gesellschaftlichen Beziehungen reguliert und die wichtig Frage nach der Landeswährung gelöst. Die Währung kennzeichnet bekanntlich die Souveränität eines jeden Landes. So werden auch die nationalen Symbole bestimmt und der Staat konsolidiert. Die Debatten waren einst sehr heftig. Der „Lew“ hat sich aber glücklicher Weise durchgesetzt und so hat Bulgarien seinen Beitrag im europäischen Münzwesen leisten können. Die bulgarische Währung war wiederum im wahrsten Sinne des Wortes konvertierbar.“
Der bekannte Historiker und Numismatiker Ilja Prokopow fügte seinerseits hinzu: „Die ersten Silbermünzen des Fürstentums Bulgarien wurden in Russland geprägt. Konkrete Angaben darüber fehlen; wir sind aber bemüht, Einzelheiten herauszubekommen. Die bulgarische Währung war sehr stark – mit einer Silbermünze von 50 Stotinki konnte man sich ein ganzes Lamm kaufen. Daher benutzten die Bulgaren im Alltag vor allem die Kupfermünzen zu 2, 5 und 10 Stotinki, die ebenfalls in der Ausstellung gezeigt werden. Sie bildeten das Rückgrat des bulgarischen Geldwesens.“
Und noch eine interessante Einzelheit: Mit einer Goldmünze zu 100 Lewa, die im Fürstentum Bulgarien geprägt wurde, konnte man sich damals ein ganzes Haus in Sofia kaufen. Verständlich, dass von dieser Münze verhältnismäßig wenige Exemplare geprägt wurden. Mit die auflagenstärkste Münze war die silberne 5-Lewa-Münze, von der es bis zum Ersten Weltkrieg die verschiedensten Auflagen gab. Bei einem Durchmesser von 37 Millimeter und einem Gewicht von 25 Gramm zeugt diese Silbermünze vom schnellen wirtschaftlichen Erstarken Bulgariens in den ersten Jahrzehnten nach der Neugründung des Staates. Die Bulgaren fühlten sich wieder als vollwertige Europäer. Sie konnten sich in den Zug setzten und beispielweise in Paris aussteigen und ihre Lewa problemlos in der nächsten Bank oder Wechselstube umtauschen. „Bulgarien war wieder ein fester Bestandteil Europas“, resümiert Ilja Prokopow.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Weneta Pawlowa; BTA
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