Dem Terroranschlag in Paris, der darauf folgenden Festnahme von fünf Russen tschetschenischer Abstammung und der Krim-Krise hatte Europa ein nur sehr schwaches Immunsystem entgegenzusetzen. Wir sind der Überlappung und gegenseitigen Verstärkung von mehreren Arten der Bedrohung ausgesetzt – einerseits dem bekannten radikalen Islam und andererseits – dem unbekannten Gesicht des russischen Nationalismus. So kommentiert der frühere bulgarische Botschafter in Russland Ilian Wassilew die dunkle Wolke, die über die geopolitische Landschaft Europas gezogen ist. Im Namen des Forschungszentrums für den Balkan und den Schwarzmeerraum warnten er und der US-Politologe und Sicherheitsexperte Alex Alexiew vor den neuen Bedrohungen für die Sicherheit Europas.
Die Krim-Krise generiert negative Kräfte in Bulgarien. Unsere Behörden sind schwach und haben den destabilisierenden Einflüssen nur wenig entgegenzusetzen, besonders bei vielen Schwachpunkten. Bulgarien plant Reformen, allerdings schnellen angesichts der Krim-Krise die Ausgaben zur Diversifizierung der Gaslieferungen in ungeahnte Höhen. In Europa verstärkt der Krim-Faktor die Bedrohung durch den radikalen Islam.
"Zu den größten Verlusten zählt der Zusammenbruch der Kooperation zwischen den russischen und westlichen Geheimdiensten im Kampf gegen den radikalen Islam", meint Ilian Wassilew. "Sulejman Zalibidow, einer der Rebellenführer des Kaukasus-Emirats, gab im Internet zu verstehen, dass er von nun an den Weisungen des Islamischen Staates folgen werde. Vor nicht allzu langer Zeit war Zalibidow vom russischen Geheimdienst FSB verhaftet worden. Und das tschetschenische Oberhaupt Kadyrow hat öffentlich seine Loyalität gegenüber Moskau bekundet, in dem er erklärte, Russland hätte vom Islamischen Staat nichts zu befürchten. Das ist ein Spiel auf Messers Schneide und Kadyrow hat sich mit Sicherheit übernommen. Sicher ist jedoch, dass die Ressourcen, über die er verfügt und die Verbindungen mit dem Islamischen Staat über die Türkei keinesfalls unterschätzt werden dürfen. Der tschetschenische Faktor ist besonders gefährlich, wenn er sich mit dem Islamischen Staat vereint und gegen Europa richtet. Mir liegen Angaben über 800 Rebellen mit russischen Pässen vor, die für den Islamischen Staat kämpfen."
Aus diesen Äußerungen von Wassilew folgt, dass die Terrorzellen, die die extremistisch orientierten Rebellenführer aus der Kaukasus-Region bedient haben, offensichtlich an den Islamischen Staat ausgeliehen werden.
Nach dem Terroranschlag in Paris habe wir uns einzureden versucht, dass diese Tragödie ein Einzelfall ist. Nach Ansicht von Alex Alexiew gäbe es jedoch eine weitere Realität, die von den Medien ignoriert wurde. "Eine unangenehme Tatsache ist, dass die Schweigeminute in Gedenken an die ermordeten Karikaturisten in Frankreich von muslimischen Schülern in rund 1.000 Schulen sabotiert wurde."
Es ist ein sorgsam gehütetes öffentliches Geheimnis, dass sich die Muslime in Europa seit mehreren Jahrzehnten radikalisieren und sich ihre soziale Ausgrenzung von den europäischen Gesellschaften verstärkt. Dabei gibt es in mehreren europäischen Staaten "Brennpunkte" oder Gebiete, in denen Parallelgesellschaften existieren, die nicht lokales Recht sondern die Scharia - das religiöse Gesetz des Islam für bindend halten. Und namentlich die Scharia liegt dem radikalen Islam zugrunde. Und nicht zuletzt bedienen sich die Linksparteien in Europa der Muslime für ihre politischen Ziele, was wiederum zur Gründung von islamischen Parteien führt.
Die Lage auf dem Balkan sei ausgesprochen besorgniserregend, meint Alex Alexiew und weiter: "Während des Bosnien-Kriegs (1992-1995) begann viel Geld aus Saudi Arabien, Irak und Iran zu fließen. Auch entstanden Wahhabiten- und Salafisten-Zellen, die bis heute Bestand haben. In Bosnien (Donja, Maoca) und Mazedonien werden ganze Dörfer von der wahhabitischen Religion regiert. Auf dem Balkan gibt es, in Abhängigkeit davon, wem man Glauben schenkt, zwischen 1.000 und 2.000 Dschihadisten, die entweder über Syrien gekommen sind oder sich derzeit dort aufhalten", kommentiert Alexiew.
Übersetzung: Christine Christov
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