Bulgariens Wirtschaft des Jahres 2014 kann mit einem Wort zusammengefasst werden – enttäuschend. Die rein statistischen Angaben sehen auf dem ersten Blick zwar nicht so deprimierend aus, doch die Tendenz ist eindeutig besorgniserregend. Es wird erwartet, dass das Bruttoinlandsprodukt um rund 1,5 Prozent wachsen wird. Die Jahresinflation ist negativ, was nicht unbedingt gut für die wirtschaftliche Entwicklung ist. Bestimmte Wirtschaftszweige konnten sich 2014 erholen. Die Exporte schwanken, aber die Handelsbilanz ist postiv.
Die Enttäuschung von der wirtschaftlichen Entwicklung im ablaufenden Jahr ist auf andere Faktoren und Tendenzen zurückzuführen. Sie beziehen sich in erster Linie auf die öffentlichen Finanzen und die Wirtschaftspolitik von drei Regierungen, die Bulgarien in diesem Jahr hatte.
Das Jahr hat mit einer sozialliberalen Regierung begonnen, der ein Finanzexperte vorstand – Plamen Orescharski. Dennoch befolgte er einen populistischen Kurs in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Und so hatte sich sein Kabinett relativ unrealistische und optimistische Haushaltsziele gesetzt. Davor warnten nicht nur heimische Experten, sondern auch einflussreiche ausländische Experten. Die Ernüchterung ließ nicht lange auf sich warten und Orescharski selbst sah sich gezwungen, einen halbherzigen Nachtragshaushalt ins Parlament einzubringen. Die Minister der Übergangsregierung bereiteten dann einen zweiten Nachtrag, denn die Illusionen und Versprechen von einem dreiprozentigen Wirtschaftswachstum, von steigenden Sozialbeihilfen, von einem Boom der EU-Fördermittel, von einer Exportexpansion und steigenden Haushaltseinnahmen, die das Leben der Bulgaren von heute auf morgen spürbar verbessern würden, waren bereits Mitte des Jahres wie eine Seifenblase geplatzt.
Wie eine Seifenblase war zeitgleich auch die Illusion geplatzt, dass die Bankenaufsicht der Bulgarischen Nationalbank BNB vertrauenswürdig ist. Mitte des Jahres geriet das Bankensystem in Bulgarien ins Schwanken und das viertgrößte Geldinstitut des Landes ist Pleite gegangen. Die Korporative Handelsbank KTB, ein Sinnbild für den Klüngel von Wirtschaft und Politik, kommt den Bulgaren teuer zu stehen, oder ganz genau 1,5 Milliarden Euro. Die Hände der Übergangsregierung von Prof. Blisnaschki waren gebunden – ohne Parlament konnte sie nur Feuerwehrmann spielen und vereinzelte Brandherde löschen. Hinzu kam die schlechte Nachricht aus Brüssel, dass die Kommission die Zahlungen zum operationellen Programm für regionale Entwicklung wegen mutmaßlichen Betrugs einstellt. Noch im Jahr davor hatte die EU-Kommission die Zahlungen aus dem Umweltschutzprogramm auf Eis gelegt und erst Ende 2014 freigegeben. Die Finanzierung der Projekte aus beiden Programmen war jedoch bereits aus dem nationalen Haushalt gesichert, so dass ein relativ großes Loch in der Staatskasse aufklaffte.
Die neue Mitte-Rechts-Regierung, die eigentlich ein kompliziertes Kompromissgebilde ist und selbst nicht glaubt, dass sie sich lange im Amt wird halten können, stellte unmissverständlich klar, dass die Haushaltslage alles andere als rosig ist. Der Haushaltsnachtrag war unausweichlich. Die Erwartungen mussten Ende des Jahres deutlich nach unten geschraubt werden. Mit 3,7 Prozent Haushaltsdefizit verletzt Bulgarien zum ersten Mal seit Jahren die Drei-Prozent-Defizitgrenze, was Brüssel sehr wahrscheinlich mit einem Strafverfahren ahnden wird. Das Haushaltsloch wird mit neuer Staatsverschuldung gestopft – Bulgarien hat ein Darlehen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro aufnehmen müssen.
Dieses Finanzdesaster hat sich natürlich auf die Unternehmen und das Geschäftsklima ausgewirkt. Das kaum bemerkbare Wachstum ist höchstens eine Beruhigungstablette, aber kein Allheilmittel für die angehäuften Wirtschaftsprobleme des Landes. Und sie ticken wie kleine Zeitbomben, die früh oder spät hochgehen werden, wenn keine politische Stabilität einkehrt. Nach drei Regierungen und vorgezogenen Parlamentswahlen erwarten die Bulgaren ein ruhigeres Jahr, als es 2014 war. Doch, die positiven Signale der Wirtschaft lassen immer noch auf sich warten.
Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
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