Wenige Tage vor der Talfahrt des Rubels haben der russische Präsident Wladimir Putin und der Chef des Staatskonzerns Gazprom, Alexej Miller, das Ende des Gasprojektes South Stream verkündet. Heute gab Millers Stellvertreter Alexander Medwedew bekannt, dass Gazprom eine Pipeline durch die Türkei bauen will. Wie es zum endgültigen Baustopp kam, analysiert für uns der Energieexperte Ilijan Wassilew, ehemaliger Botschafter Bulgariens in Moskau.
„Das Bankkonsortium, das zwei Drittel der Finanzierung für die Erdgasleitung South Stream sicherstellen sollte, hat sich zurückgezogen, solange das Projekt dem EU-Recht widerspricht“, erläutert Wassilew. „Der Streit über die Einhaltung der Rechtsbestimmungen der Europäischen Union, die aus dem Dritten Energiepaket herausgehen, wurde nicht zwischen Bulgarien und Russland ausgetragen, sondern zwischen der EU-Kommission und Russland. Offensichtlich gibt es viele Hinweise, die Moskau und Gazprom zu verstehen gegeben haben, dass dieses Projekt unmöglich ist“, sagt Ilijan Wassilew.
Es ist wohl kaum zu erwarten, dass Russland diese Gründe für den Baustopp öffentlich und offiziell zugibt. Andererseits ist es auch schwer vorstellbar, dass sich Russland ganz im Schweigen hüllt. Ilijan Wassilew sieht Putins Strategie so:
„Ein möglicher Ausweg ist die Fortsetzung von South Stream durch die Türkei, um bei den Teilnehmerstaaten den bitteren Nachgeschmack zu hinterlassen, dass sie auf der Verliererseite stehen“, meint der Energieexperte und Russland-Kenner. „Bei diesem Ausweg werden die bisher beteiligten Länder damit beschäftigt sein, Druck auf der Europäischen Kommission auszuüben. Es gibt gewisse Widersprüche – einerseits steht fest, dass das Projekt in seiner jetzigen Fassung den Richtlinien der Europäischen Union widerspricht. Andererseits steht überhaupt nicht fest, dass Russland und die Türkei eine alternative Gasleitung bauen werden, denn es liegt kein Vertrag vor“, betont Ilijan Wassilew.
Für die These von Ilijan Wassilew spricht auch die auffallend distanzierte Haltung des türkischen Energieministers Tamer Yıldız. Er hatte ausdrücklich betont, dass kein Abkommen zwischen Russland und der Türkei über den Bau einer Pipeline vorliegt. Der frühere bulgarische Botschafter in Moskau kommentiert den Schachzug von Wladimir Putin am 1. Dezember in Ankara, als er das Aus für South Stream verkündet hat.
„Der Zeitpunkt für die Idee des russischen Präsidenten, die Türkei als einen strategischen Partner zu engagieren, ist ausgesprochen riskant“, meint Wassilew. „Denn Russland fährt einen für die Nachwendejahre beispiellosen Konfrontationskurs gegen den Westen, während die Türkei eine Mittlerrolle für sich beansprucht. Durch die Türkei sollte zudem lieber nicht russisches Gas nach Europa fließen“, so Ilijan Wassilew.
Das Aus für South Stream brachte den russischen Staatskonzern Gazprom in eine schwierige Lage, die sich zunehmend auf die Marktpositionen des Gasgiganten auswirken wird. Gazprom ist derzeit der Gaslieferant für weite Teile Europas. Der Rückzieher in Richtung Türkei als Gasverteiler für die europäischen Lieferungen könnte die Europäische Kommission in ihren Bestrebungen stärken, nach Alternativen zu suchen. Das Aus des South-Stream-Projektes eröffnet auch für Bulgarien neue Möglichkeiten. Besonders wichtig dabei ist die Diversifizierung des Gaslieferanten, aber auch die Motivation, eigene Gas- und Erdölvorkommen zu fördern.
„Bulgarien braucht dringend eine ausgeglichene Energiepolitik“, sagt Ilijan Wassilew. „Die Koppelung der Gasnetze in Südosteuropa ist ebenfalls von erstrangiger Bedeutung, wurde allerdings erst nach der Gaskrise 2009 vorangetrieben. All das gehört zur angestrebten Energieunion der EU und hat eine langfristige Perspektive. Daher muss man im Baustopp auch die neuen Chancen sehen“, sagte abschließend der Energieexperte und ehemaliger Botschafter Bulgariens in Moskau, Ilijan Wassilew.
Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
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