Im Dezember 1948 sprach während des Fünften Parteitages der Bulgarischen kommunistischen Partei der durch seine Teilnahme am Leipziger Reichstagsbrandprozess international bekannte Führer der bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitrow die berühmten Worte: „In 10-15 Jahren muss Bulgarien das erreichen, was andere Völker unter anderen Umständen in einem Jahrhundert erreicht haben“. Damit wurde die beschleunigte Industrialisierung des Landes eingeleitet. Vom nächsten Jahr an begann man mit den Fünfjahresplänen zur Entwicklung der Wirtschaft und die Investitionen gingen bevorzugt in die Schwerindustrie.
Das Jahr 1963 ist emblematisch für die Industrialisierung. In Betrieb genommen wurden das metallurgische Kombinat „Kremikowzi“ bei Sofia und die Raffinerie bei Burgas. Im Tonarchiv des Bulgarischen Nationalen Rundfunks wurden die Worte des Premierministers und ersten Sekretärs des ZK der Bulgarischen kommunistischen Partei Todor Schiwkow bei der Inbetriebnahme des Kombinats bei Burgas am 30. Dezember 1963 erhalten:
„Liebe Erbauer des Erdölverarbeitungskombinats, liebe Arbeiter, Ingenieure und Techniker, liebe Gäste! Unser Volk verabschiedet das Jahr 1963 mit einem weiteren Arbeitssieg. Es sind keine zwei Monate von dem Tag vergangen, als der Gigant unserer schwarzen Metallurgie – das Kombinat in Kremikowtzi seine Arbeit aufgenommen hat. Heute eröffnen wir hier, am anderen Ende unserer Heimat, am Schwarzen Meer das erste petrochemische Kombinat im Land. Was bedeutet für uns dieses Erdöl verarbeitende Kombinat? Mit seiner modernen Ausrüstung, Leistungsstärke und breiten Produktionsmöglichkeiten wird es einer unserer wichtigsten Hebel für die Entwicklung nicht nur unserer Schwerindustrie, aber auch der anderen Industriebranchen sein. Das Kombinat wird eine große Rolle für die Entwicklung des Bauwesens, des Verkehrs spielen und der Landwirtschaft wesentlich helfen. Beide Anlagen des Kombinats, die bereits in Betrieb sind, werden in den nächsten ein paar Jahren 2 Millionen Tonnen Erdöl jährlich verarbeiten. Das wird uns die Möglichkeit geben, die angespannte Energiebalance wesentlich zu entlasten.“
Die bulgarische Regierung beschloss den Bau petrochemischen Kombinats bei Burgas 1959. Der erste Spatenstich erfolgte am 5. November 1960 und 1963 wurde das Kombinat in Betrieb genommen. 1971 wurde ein zweites Kombinat für Erdölverarbeitung bei der nordbulgarischen Stadt Plewen eröffnet. Die Jahre 1966 bis 1970 gingen in die Geschichte als das „Jahrfünft der großen Chemie“ ein. Die chemische Industrie entwickelte sich doppelt so schnell wie die bulgarische Industrie insgesamt.
1963 wurden nicht nur diese zwei großen und für die stürmische industrielle Entwicklung Bulgariens wichtigen Werke eröffnet. In der Hauptstadt Sofia wurde die Fabrik für Elektrokarren „6. September“ in Betrieb genommen. In der Stadt Sliwen wurde ein Kombinat für Textilien aus Wolle eingeweiht. In der Stadt Misia startete die Arbeit eines Kombinats für Papier und Zellulose. Ein Textilkombinat wurde auch in der Stadt Sliwen eröffnet. Am 23. Juni nahm ein chemisches Kombinat in der Stadt Stara Zagora seine Arbeit auf.
Auf der Grundlage der heimischen Metallurgie entwickelte sich schnell auch der bulgarische Maschinenbau. In jedem Fünf-Jahresabschnitt stieg seine Produktion um mindestens das Doppelte. Von 1949 bis 1970 erhöhte sie sich knapp um das 110-fache.
In dieser Zeit wurde in Bulgarien auch die Buntmetall-Metallurgie entwickelt und das Land wurde zu einem der europaweit führenden Produzenten von Buntmetallen pro Kopf der Bevölkerung. Als Ergebnis dieser schnellen industriellen Entwicklung des Landes war das Bruttoinlandsprodukt 1970 acht Mal größer als 1948. In diesem Zeitraum wuchs es jedes Jahr um 10 %. Die industrielle Produktion wuchs jährlich um nicht weniger als 10,7 %. In den 25 Jahren nach der Wende gab es nichts, was auch im entferntesten daran erinnern würde.
Als Folge der schnellen industriellen Entwicklung des Landes wurde seine effektivere Teilnahme an der internationalen Arbeitsteilung möglich. Die Ausfuhr Bulgariens wuchs in den Jahren 1949 bis 1970 um mindestens 11,5 % jährlich. 1939 machten Industrieprodukte weniger als ein halbes Prozent der bulgarischen Ausfuhr aus. 1970 stellten die Industrieprodukte mehr als die Hälfte des gesamten bulgarischen Exports dar.
1989 begann der Systemwechsel zum Kapitalismus. Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden das metallurgische Kombinat „Kremikowzi“ bei Sofia und das petrochemische Kombinat bei Burgas privatisiert. Die Raffinerie bei Burgas wurde 1999 vom russischen Erdölgigant Lukoil gekauft. Ein halbes Jahrhundert nach dem Beginn der Schwerindustrie in Bulgarien ist dieser Betrieb der einzige, der ausreichend modernisiert ist und sich gut entwickelt, um Arbeitplätze für die Menschen aus der Region zur Verfügung zu stellen. Die Raffinerie „Plama“ bei Plewen hörte 1998 auf zu arbeiten.
Das große Kombinat der bulgarischen Schwerindustrie „Kremikowtzi“, das die Grundlage für die rasante Entwicklung für die Metallverarbeitung und den Maschinenbau in Bulgarien bildete, hatte nach der Wende von 1989 ein ähnlich trauriges Schicksal. Seine Privatisierung im Jahre 1999 ist ein typisches Beispiel für die ungünstigen Privatisierungen von staatlichem Eigentum nach der Wende. Ende 2010 wurde das Kombinat für zahlungsunfähig erklärt und seine beachtlichen Immobilien und Aktiva werden ausverkauft.
Und was passierte sonst im Jahr 1963?
Die erste elektrifizierte Eisenbahnstrecke zwischen der Hauptstadt Sofia und der großen südbulgarischen Stadt Plowdiw nimmt ihren Betrieb auf.
In Burgas wird die chemisch-technologische Hochschule eröffnet.
In Warna und in Gabrowo nehmen maschinen-elektrotechnische Hochschulen den Lehrbetrieb auf.
Es erscheint der erste Band der „Kleinen bulgarischen Enzyklopädie“.
Es wird die Vereinigung der Übersetzer von schöngeistiger Literatur gegründet.
Zum ersten Mal findet das traditionelle Musikfestival „Warnaer Sommer“ statt.
Anfang des Jahres nimmt die Richtfunkstrecke Moskau-Bukarest-Sofia ihre Arbeit auf und es werden zum ersten Mal Fernsehprogramme aus dem Ausland empfangen und bei uns ausgestrahlt.
In Sofia findet der 5. internationale Kongress der Slawisten statt.
Bei Sofia wird das Nationale Kinozentrum eröffnet, das viele gute bulgarische Filme produzierte und heute hauptsächlich für ausländische Produzenten arbeitet.
Kunstwerke aus bulgarischen Museen werden in Paris und Moskau gezeigt.
In Bulgarien findet die Weltmeisterschaft in griechisch-römischen Ringen statt. Die bulgarische Nationalauswahl kommt auf Platz zwei.
In Sofia finden die 22. Leichtathletik-Balkanspiele statt.
Bulgarien wird von UN-Generalsekretär U Thant besucht.
Und was geschah in der Welt?
Die UdSSR, die USA und Großbritannien unterzeichnen in Moskau den Vertrag über das Verbot von Kernwaffenexplosionen in der Atmosphäre, im Weltall und unter Wasser. Bis dahin haben die Kernwaffenmächte die Umwelt unkontrolliert mit radioaktiven Substanzen verseucht.
Im Vatikan stirbt Papst Johannes XXIII., der Vertreter des Vatikans in Bulgarien in den Jahren 1925-34 war und mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine grundlegende Modernisierung der katholischen Kirche einleitete. An seiner Stelle wird Papst Paulus VI. gewählt, der durch viele Reisen zur Verständigung der Völker beitrug.
In Dallas ist der populäre US-Präsident John Kennedy auf der Straße ermordet. Dieser Mord wurde nicht wirklich aufgeklärt und der angebliche Attentäter wurde ermordet, bevor er vor Gericht erscheinen konnte. Zuvor schickte John Kennedy die ersten bewaffneten amerikanischen Truppen nach Vietnam, was im nächsten Jahr zum Beginn des langen und blutigen Krieges der USA in Vietnam führte, den die übermächtige und reiche Supermacht nicht gewinnen konnte.
Zwetan Todorow wird vom bulgarischen Wissenschaftler zum französischen Semiotiker, Linguisten und Literaturwissenschaftler, der sich mit Problemen des französischen Strukturalismus und Poststrukturalismus, der Semiotik, des russischen Formalismus und Postformalismus beschäftig.
Valentina Tereschkowa fliegt als erste Frau im Weltall.
Das Internationale Rote Kreuz erhält zum dritten Mal den Friedensnobelpreis.
Der sowjetische Torwart Lew Jaschin, der als bester Torsteher aller Zeiten gilt, wird zum europäischen Fußballer des Jahres 1963 erklärt.
Redaktion und Übersetzung: Vladimir Daskalov
" Mir ist schon zu Ohren gekommen, wie man sagte, dass Blaga Dimitrowa ein Versehen sei – eine Frau, die auch noch Poetin und besonnen ist. Die Kritiker, die sie häufig der `Spekulation` bezichtigen, werfen ihr `Hirngespinste` vor ." Das sind..
Als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche hat Johannes Paul II. weltweit über 100 Staatsbesuche absolviert. Er war der erste Papst, der eine Synagoge, eine Moschee und eine Protestantenkirche aufsuchte und damit die Menschen zu mehr..
Die Parlamentswahlen 2001 in Bulgarien brachten auf der politischen Bühne Bulgariens einen Wandel mit sich. Der Sieger – die Nationale Bewegung Simeon II. (NDSW) bereitete dem Zweiparteiensystem ein Ende. Die gesamte Bewegung gravitierte um den..