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Axinia Michajlowa wurde mit dem Apollinaire-Preis für Poesie ausgezeichnet

Foto: Privat

Zu den nennenswerten diesjährigen Ereignissen in der bulgarischen Kultur gehört auch der Apollinaire-Preis für Axinia Michajlowa. Die französische Auszeichnung für Poesie hat die bulgarische Dichterin für ihren letzten Gedichtband „Ciel à perdre“ (Ein Himmel zum Verlieren) erhalten, der auf Französisch erschienen ist. Das, was die Poesie der Bulgarin auszeichnet, ist die authentische Ausdrucksweise, „ohne überflüssiges Philosophieren und überladene Metaphorik. In den Strophen von Axinia sehen wir eine echte Frau, die in Erwartung lebt, arbeitet und in ihrem Alltag versunken ist, der doch voller Bilder und Emotionen ist“, so Jurymitglied Guy Gofet.

Ich wusste, dass man mir den Apollinaire-Preis verleihen wird, habe es aber bis zuletzt geheim gehalten“, erzählt die Dichterin. „Meine Freude habe ich dann auch in Bulgarien auskosten können, hier habe ich das Gefühl, in einem Märchen zu sein. Es ist aber sehr schwer und schmerzhaft, wenn sich die Prinzessin nach dem glanzvollen Abend wieder in Aschenputtel verwandelt. Das ist auch eine Metapher für die Poesie als Aschenputtel. Sie tritt für kurze Zeit ans Licht und taucht dann wieder in ihre eigene Welt, wird manchmal verschwiegen, gerät in Vergessenheit. Das ist eigentlich traurig, denn die Poesie verdient es, öfter im „goldenen Gewand“ zu triumphieren. Für die französischen Autoren werden ständig und über das ganze Jahr verteilt Büchermessen, Foren, Treffen mit Schülern etc. in Buchereien und Bibliotheken organisiert – alles Initiativen, die mit dem Lesen ihrer Texte verbunden sind, so dass sie sich als Dichter fühlen können. Unlängst habe ich mit einer rumänischen Dichterin gesprochen, die meinte, in Rumänien sei dasselbe Syndrom zu beobachten wie in Bulgarien. Für ein frisch herausgegebenes Buch wird eine Premiere organisiert, es wird danach noch ein-zwei Mal vorgestellt, danach wird es wieder still um seinen Autor, bis dann wieder das nächste Buch erscheint. Wenn ich etwas an dieser Situation ändern könnte, dann wäre es genau das – mehr Events für die Autoren, damit sie ihre Gedichte vortragen können.

Nachdem sie die renommierte Auszeichnung erhalten hat, fühlt sich Axinia Michajlowa nicht anderes als früher. Das einzige, was sich für sie verändert hat, ist das größere Interesse der Leser. Gleich nach Bekanntgabe der Preisverleihung ist die Nachfrage nach ihren ersten zwei Gedichtbänden gestiegen, die auf Bulgarisch erschienen sind, teilweise wurden sie auch ausverkauft. Was das französische Publikum angeht, so hat es die bulgarische Dichterin in Paris sehr herzlich empfangen. „Die Leute haben sich gefreut und den Wunsch geäußert, Bulgarien zu besuchen“.

Über ihre Liebe zu den Büchern und zur Poesie sagte sie: „Für mich ist es wichtig, ein Buch fassen, fühlen, seinen Geruch spüren zu können, das Rascheln der Seiten zu hören, es neben mein Bett legen oder im Bus darin schmökern zu können. Ein Text, der auf dem PC-Bildschirm geschrieben und gelesen wird, unterscheidet sich von dem auf Papier. Der Akt des Schreibens ist auch irgendwie mit dem Buch verbunden, das Papier bringt uns den Text näher. Eins ist sicher - Poesie wird man immer lesen, sie ist die Quintessenz, sie stammt aus einer anderen Dimension. Die Menschen sind so veranlagt, dass jeder von uns ein bisschen Poesie in seinem Herzen trägt. Man braucht nicht unbedingt Gedichte zu schreiben, Poesie steht nicht nur für die geschriebenen Worte. Poesie ist der Sinn für das Schöne – für eine schöne Blüte, eine schöne Pflanze vor dem Fester, eine schöne Wölbung einer Kathedrale, einen schönen Himmel. Wenn ich hier am Flussufer entlang der Seine spazieren gehe, frage ich mich, was am Pariser Himmel so anders ist, dass ihn alle besingen. Man muss das wirklich erleben - wie schnell die Farben wechseln und sich der Himmel in wenigen Augenblicken verändert. Das ist auch Poesie und ich bin der Ansicht, dass der Mensch sie in sich trägt. Leider leben wir in letzter Zeit so, als wären wir unter einer Käseglocke und haben nur selten die Möglichkeit, über deren Rand hinauszuschauen. Um den fortbestand der Poesie fürchte ich allerdings nicht, sie wird nie verschwinden.

Axinia Michajlowa ist Poesieautorin. Ihre Gedichte wurden ins Französische, Rumänische, Serbische und Kroatische übersetzt. Die Autorin wurde mit mehreren Literaturpreisen für Poesie und Übersetzung ausgezeichnet und vertritt Bulgarien in der Dichterbewegung „Brücken zum Osten“, der Poeten aus 11 mittel- und osteuropäischen Ländern angehören und die unter der Schirmherrschaft des Théâtre Molière / Maison de la Poésie in Paris steht. Seit 2001 ist Axinia Michajlowa Mitglied des Bulgarischen Haiku-Klubs.

Übersetzung: Rossiza Radulowa


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