Der Wettbewerb für den bulgarischen Kandidaten im europäischen Ausschreiben für den Titel „Baum mit Wurzeln – 2014“ ging zuende. Die Internet-Abstimmung brachte auf den ersten Platz die Platane im Dorf Artchar in der Nähe der Donaustadt Widin. Über sie wird man mehr erfahren nachdem die große internationale Abstimmung am 1. Februar beginnt. Heute stellen wir Ihnen den Sieger im dem begleitenden rein bulgarischen Wettbewerb „Die jahrhundertealten Bäume sprechen“ vor. Das ist die jahrhundertealte Platane im Dorf Belaschtiza in der Nähe der süd-bulgarischen Stadt Plowdiw, die Zeugin von stürmischen historischen Ereignissen war und den großen bulgarischen Symbolisten-Dichter Pentscho Slawejkow inspirierte.
Der Dichter machte gerne zur Erholung einen Abstecher zu diesem Dorf. Man nimmt an, dass er unter dieser Platane seine unsterbliche Liebesdichtung „Unzertrennlich“ geschrieben hat. Pentscho Slawejkow nannte die Platane allerdings einen Ahornbaum. „Ich stand lange dort im Schatten und das, was mit der Baum erzählte, habe ich in meinem traurigen Lied besungen“, sagt der Autor. Diese Geschichte erinnert an die Geschichte von Romeo und Julia. Die zwei Verliebten können sich wegen des Einwandes ihrer Eltern nicht vereinen und ziehen den Tod vor. Sie bleiben aber über den Tod hinaus verbunden und auf ihren Gräbern wachsen ein Ahorn und eine Eberesche, die ihre Äste miteinander verflechten. Denn für Herzen, die sich lieben bedeutet laut dem Poeten auch der Tod keine Trennung.
„Ich bin sehr glücklich, weil diese Auszeichnung genau zum Jubiläum des Dorfes Belaschtiza kam, das vor exakt 1000 Jahren gegründet wurde“, sagte für Radio Bulgarien die Bürgermeisterin des Dorfes Zwetanka Tschitakowa. „Unsere tausendjährige Platane war eines der Wahrzeichen der Feierlichkeiten, die wir in diesem Herbst veranstalteten. Wir sind sehr stolz auf diesen schönen Baum mit einem Stammumfang von 14 Metern.“
Die Gründung des Dorfes ist mit einem der tragischsten Episoden in der bulgarischen Geschichte verbunden. Im Jahre 1014 zerschlug der byzantinische Kaiser Basilius II., genannt der Bulgarentöter, in den Belasiza Bergen die Armee des bulgarischen Zaren Samuil und blendete seine 15.000 Soldaten. Es heißt, dass der byzantinische Kriegsherr Nikephoros Xiphias, späterer Verwalter der Region Philippopolis einen Teil der geblendeten Soldaten von Samuil hierher geführt und angesiedelt habe. Das Dorf wurde ein wenig abgewandelt nach dem Belasiza-Gebirge genannt. Auch die Platane soll aus den Bergen in das Dorf gebracht worden sein, wo sie im Gegensatz zur Ebene sehr verbreitet ist. Was mag der tausendjährige Baum alles gesehen haben?
„Die geblendeten Soldaten nehmen an der Errichtung auch des Hl. Georg-Klosters teil, das in einem Kilometer Entfernung vom Dorf liegt“, berichtet die Bürgermeisterin weiter. „Laut der Legende wollte der Kriegsherr Nikephoros Xiphias mit dem Bau dieses majestätischen Klosters die Schuld für die Blendung von Samuil’s Soldaten abtragen. Sehr nah am tausendjährigen Baum gibt es einen halbverfallenen mittelalterlichen Turm, dessen Geschichte uns unbekannt ist. Die alte Platane gehörte zusammen mit anderen jahrhundertealten Bäumen zu den Ländereien von Rustem Bey mit seinem prächtigen Serail und vielköpfigen Harem. Das Gebäude wurde reprivatisiert, aber zerfällt heute. Man kann im Inneren noch schöne Fresken und elegante Schnitzereien erkennen. Wie viel mehr interessante Geschichten über diese osmanische Periode und auch danach die Platane erzählen könnte?“
Die Auszeichnung der tausendjährigen Platane im Dorf Belaschtiza gibt ihr das Recht auf spezielle Dienstleistungen eines Dendrologen, der Genaueres über das Alter und die Gesundheit des tausendjährigen Baumes wird sagen können.
Übersetzung: Vladimir Daskalov
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