Morgen wird im Rahmen des Festivals Kinomania der Film „Hör“ der Journalistin Diana Iwanowa gezeigt. Ein Viertel Jahrhundert nach der Wende erzählt er über die Geschichte des Radiosenders Freies Europa und seine Rolle in den Ereignissen von damals. Warum wurde der von den USA in Westdeutschland gegründete Sender zu einem der gefährlichsten Feinden des Kommunismus und zu einer Informationsquelle für die andersdenkenden Bulgaren?
„In dem Film gibt es drei persönliche Geschichten von Frauen, die darüber berichten, was für sie und ihre Familien der Sender „Freies Europa“ bedeutet hat“, sagt die Autorin. „Ich bin 1968 geboren und habe nicht viel von den Sendungen gehört. Bis 1986 lebte ich in Michajlowgrad, wo der Empfang auch nicht gut war. Ich kann mich aber daran erinnern, dass die ersten Berichte über die Nuklearkatastrophe in Tschernobyl von Freies Europa kamen. Daher war das für uns eine wichtige Informationsquelle für Alternativnachrichten. Zumindest konnte man das Geschehen aus einer anderen Perspektive betrachten und sich dazu eine Meinung bilden. Denn unser Informationszugang damals war sehr eingeschränkt.“
Nach Meinung von Diana Iwanowa hat dieser Sender auf rein emotionaler Ebene Menschenleben beeinflusst und verändert. Dazu gehören die jungen Menschen in den 1960er und 1970er Jahren, die die Musik gehört haben, die in Bulgarien kaum zu finden war. „Natürlich haben verschiedene Menschen etwas anderes für sich gefunden, für mich sind die Emotionen von damals unvergesslich geblieben. Deswegen wollte ich sie durch den Film festhalten und mit den Nachwuchsgenerationen teilen“, meint die Journalistin. „In den 1990er hat der Sender noch einen Höhepunkt erlebt, damals gab es bei uns die Krise unter der Regierung von Widenow, eine sehr dramatische Zeit für Bulgarien. Der Sender hat zu dieser Zeit erneut Journalisten engagiert, die ihre eigene Bedeutung und Kariere bereits hatten und ein klares wirtschaftliches und kulturelles Bild des Landes erstellen konnten. Der Sender hat die Entwicklungen kritisch betrachtet und eine Parallele zu den anderen postkommunistischen Staaten gezogen“, so Iwanowa, die bis 2003 beim Sender Freies Europa gearbeitet hat. Für den Film hat sie viel in den Archiven der Anstalt gestöbert. Was hat sie dabei am meisten beeindruckt?
„Das, was mir am meisten imponiert hat, sind die Interviews von 1989, die hauptsächlich von Rumjana Uzunowa gemacht wurden. Sie war aber nicht die Einzige, es ist ein großes Team gewesen“, berichtet die Journalistin weiter. „Die Interviews mit den Zwangsaussiedlern in die Türkei und mit anderen Menschen, die damals in dem ganzen Land verstreut waren und keinen anderen Zugang zu Informationen hatten, sind erschütternd. Auch das Verhalten der Journalistin war sehr menschlich und emphatisch. Sie hat die Menschen auch sprechen lassen, ohne ihnen konkrete Fragen zu stellen, das war für mich wichtig, deswegen habe ich auch den Film „Hör“ genannt. Das ist die Kraft, die die Aussagen in den Interviews und in den Berichten haben, die gehört werden soll. Aber andererseits auch das klare Statement, dass die Stimme der Menschen gehört wird und eine Bedeutung hat.“
Das andere, das Diana Iwanowa bemerkenswert findet, sind die kommunistischen Propagandafilme gegen den Sender aus den 1960er und 1970er Jahren, sowie aus dem Ende des Jahres 1989. Zum Beispiel den Bericht über einen Bulgaren, der enttäuscht von seinen Erfahrungen in den Westen nach Bulgarien zurückgekehrt ist, was natürlich eine Inszenierung der Stasi ist, die aber für den Zuschauer nie sichtbar wird. Ein Teil des Films beinhaltet auch einen Verhör des Dichters Petar Manolow aus dem Jahr 1989. Des weiteren sind im Film die Meinungen und Erinnerungen von verschiedenen Journalisten, Hörern und Intendanten des Senders dargestellt. „Ich wollte durch die Gegenüberstellung verschiedener Gesichtspunkten dem Zuschauer die Gelegenheit geben, selbst die Atmosphäre von damals zu spüren. Für mich war es wichtig, die Archive für sich sprechen zu lassen. Meine Stimme ist darin nicht zu hören, es sind nur die Erzählungen der Zeitzeugen und die Stimmen aus den Archiven enthalten“, so Diana Iwanowa abschließend.
Übersetzung: Milkana Dehler
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