Vor einigen Tagen fand im Janko-Sakazow-Park in der Sofioter Innenstadt das Festival der Bauernmärkte statt. Das Ziel dieses Events war es, die Vorteile dieser Form des direkten Verkaufs unter den Landwirten und Endverbrauchern zu popularisieren. Es mutet ein wenig seltsam an, etwas zu popularisieren, was vermutlich schon so lange Bestand hat, so lange die Welt existiert. Das stimmt schon, allerdings haben wir es in Bulgarien geschafft, die Landwirte in nur zwei Jahrzehnten von den Märkten zu vertreiben. Ein Grund dafür war die falsch verstandene Anwendung der strikten europäischen Lebensmittelnormen, die den Kleinbauern und Gewerbetreibenden beinahe die gleichen Regeln auferlegte wie den Großproduzenten. Nicht ohne die fleißige Lobbyarbeit der Großproduzenten von Agrarrohstoffen und Erzeugnissen. Die Meinung der Kleinproduzenten war ohne Bedeutung. In 25 Jahren wieder gewonnener Freiheit, Demokratie und Marktwirtschaft haben sich weder die Kleinproduzenten zusammengetan, um eigene Märkte ins Leben zu rufen, noch hat der Staat etwas unternommen, um ihnen unter die Arme zu greifen. Die Initiative ging von den Verbrauchern aus, die sich umgehend im Netz verbündeten, um sich Zugang zu hochwertigen Nahrungsmitteln zu verschaffen.
Interessant dabei ist, dass gerade die neuen Informationstechnologien der uralten Form des Direktverkaufs von Agrarerzeugnissen zu neuem Leben verhalfen. Es entstanden virtuelle Verbrauchernetze, die in Eigeninitiative Kleinproduzenten von hochwertigen Bio-Produkten ausfindig machten und sich direkt mit ihnen in Verbindung setzten. Einem dieser Netze namens „Hrankoop“ ist es zu verdanken, dass die Bauernmärkte in diesem Jahr zu neuem Leben erwacht sind – und zwar in den vier größten Städten Bulgariens Sofia, Plowdiw, Burgas und Warna. Nicht ohne die Finanzhilfe der Europäischen Union, deren neue gemeinschaftliche Agrarpolitik namentlich die s.g. kurzen Liefernetze favorisiert, d.h. mit möglichst wenig Zwischenhändlern auf möglichst kurzem Weg. Gefördert wird die Gründung von s.g. lokalen Märkten, auf denen Obst, Gemüse und Erzeugnisse verkauft werden, die im Umkreis von max. 120 Kilometern produziert wurden.
„Wir unterstützen die Gründung von Bauernmärkten, weil sie unserer Ansicht nach den kleinen und mittleren Produzenten aus der Misere helfen, in der sich ein Großteil befindet“, erklärt Iwajlo Popow von der Ökogesellschaft „Für die Erde“. „Wie alle Menschen auf der Welt wollen auch wir hochwertige Nahrung konsumieren. Ob nun zertifiziert oder einfach nur aus dem Bioanbau ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Diese Produkte sind mit Sicherheit besser, als das, was in den Supermarktregalen steht. Die neue gemeinschaftliche Agrarpolitik ist ganz bewusst auf kurze Lieferketten ausgerichtet, die vielfältige Formen haben. Unserer Ansicht nach sind Genossenschafts- und Bauernmärkte wunderbare Vorbilder für einen solchen Ansatz in Bulgarien.“
Die Verordnung 26 des Agrarministeriums über den Direktverkauf von Agrarerzeugnissen, die übrigens erst 2010 verabschiedet wurde, war für die Kleinbauern ein Fluch, da sie den kleinen Landwirten fast die gleichen strengen Vorgaben wie Großproduzenten auferlegte. Besonders was die tierischen Erzeugnisse betrifft. Mit Ausnahme der Honig- und Eierproduzenten schlug die Verordnung in der Praxis fehl. Die jüngste im Juli verabschiedete Novelle hat, wenn auch recht schwerfällig, endlich Bewegung in die Sache gebracht. Die Fakten, so Stoilko Apostolow, Chef der Bioselena-Stiftung, sprächen für sich. "In den vier Jahren seit der Verabschiedung der Verordnung hatten sich lediglich drei kleine Verarbeitungsbetriebe für Milch und Fleisch eingetragen. Seit der jüngsten Novelle der Verordnung im Juli haben sich bereits fünf neue Betriebe registriert", verweist Popow.
Iwajlo Popow sieht das ähnlich: "Gegenwärtig stehen bei uns Landwirte auf der Warteliste, die sich unseren Märkten anschließen wollen, was sehr vielsagend ist. Zuvor haben meistens wir sie dazu aufgefordert, jetzt kommen sie von selbst."
Auf dem Festival der Bauernmärkte in Sofia stellten sich Produzenten aus Nachbarkreisen vor. Viele von ihnen mit Bioprodukten. Darunter Zlatina Dimtschewa aus einem Dorf bei Mezdra, die Konfitüre aus exotischen Früchten wie Goji-Beeren (Gemeiner Bocksdorn) und Blasenkirschen (Physalis) feilbot.
"Die Bauernmärkte sind derzeit die einzige Möglichkeit, um Kunden zur erreichen", erzählt sie uns. "Die herkömmlichen Märkte sind für uns nahezu unerreichbar. Unsere Erzeugnisse, die viel mehr Arbeit erfordern, können sich gegen die Massenware auf diesen Märkten nicht behaupten."
Der Imker Nikola Nikolow aus Borowan im Bezirk Wratza bot Gläser mit Honig und ein Assortiment aus Natursäften feil.
"Unsere Säfte werden anstatt mit schädlichem Zucker und Weinstein mit Honig und Zitrone zubereitet", erklärt Nikola Nikolow. "Die Säfte müssen zwar im Kühlschrank gelagert werden, dafür haben sie jedoch hervorragende Geschmackseigenschaften. Wir haben Säfte aus Feigen, Pfefferminze und schwarzem Holunder im Angebot. Wir sind nur ein kleiner Betrieb und verkaufen auf den Bauernmärkten in Sofia."
Schaslin Babikjan bezeichnet sich selbst als Liebhaberin. Ihre handgefertigten Pralinen, Schokoladen und rohen Torten verkauft sie im Internet. Auf dem Festival zeigte sie 4-5-jährigen Kids, wie man Pralinen aus gesunden und rohen Produkten selber macht.
"Die Süße kommt beispielsweise aus Dörrobst wie Feigen, Datteln und Aprikosen, die mit geriebenen Mandeln, Walnüssen, Kokosraspeln und Kakao verfeinert werden. Auch zeige ich den Kindern, wie Schokolade entsteht und wie eine Kakaofrucht aussieht."
Übersetzung: Christine Christov
Fotos: Maria Dimitrowa-Pichot
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