2013 haben die Bulgaren 511 Millionen Liter Bier getrunken. Das zumindest belegen die Zahlen der Bierbrauerverbandes in Bulgarien. Beim Umsatz des bernsteinfarbigen Getränks liegt Bulgarien EU-weit auf Rang 14. Unangefochtener Umsatzspitzenreiter der Branche ist eine renommierte einheimische Marke mit Jahrhundertgeschichte. Mitte der 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts wurde die uns bereits aus dem Sozialismus gut bekannte Biermarke Zagorka von der niederländischen Heineken-Brauerei übernommen und avancierte damit zur ersten privatisierten Brauerei Bulgariens. Heute, zwei Jahrzehnte später, dominiert die Marke am heimischen Markt, was den Aktionären viel Freude bereitet.
Wie ist es zu erklären, dass die Wirtschaftskrise von Ende 2008 stabile Industrien wie die Bauwirtschaft und den Immobilienmarkt ins Wanken brachte, jedoch unsere Bierbranche relativ unbeschadet ließ? Es hat sich herausgestellt, dass weder finanzielle Erschütterungen noch Armut, weder Arbeits- noch Perspektivlosigkeit in der Lage sind, den Bulgaren von den kleinen Freuden des Lebens abzubringen. Wie beispielsweise ein Glas kühles schäumendes Bier in angenehmer Gesellschaft. Deshalb verzeichnen die Brauereien bei uns trotz Schwierigkeiten stabile Umsatzzahlen.
Das gilt auch für die Marke Zagorka, deren Aufstieg Mitte der 1990-er mit der Übernahme durch die niederländische Heineken-Brauerei begann. Bisher wurden über 260 Millionen Lewa in Zagorka investiert, davon 200 Millionen in die Modernisierung der Brauerei. Auch der Umsatz der letzten beiden Jahrzehnte kann sich mit über 1,6 Milliarden Lewa sehen lassen. In diesem Zeitraum haben die Bulgaren 25 Millionen Hektoliter Bier "Made in Stara Zagora" getrunken. "Das entspricht über 1000 randvollen 50m-Becken", verweist der Geschäftsführer des Unternehmens Nikolaj Mladenow sichtlich stolz. Neben den Investitionen in den Technologieprozess, so Mladenow weiter, sei die Markenvielfalt, d.h. ein breites Portfolio, eine weitere Grundvoraussetzung für Erfolg.
"Der Bulgare ist auf Marken fixiert. Der Aufbau unseres Portfolios war ein langer Weg. Genannt sei beispielsweise Ariana-Bier, das zuvor hauptsächlich im Stadtteil Gorubljane verkauft wurde und mit der Übernahme durch Heineken zur größten bulgarischen Marke aufgestiegen ist. Heute ist jedes fünfte Bier, das in Bulgarien getrunken wird, der Marke Ariana", erklärt Nikolaj Mladenow begeistert. Dennoch geht die Wirtschaftskrise an keiner Branche spurlos vorbei, so erfolgreich sie auch sein mag. Vor welche Herausforderungen sind die Brauereien heute gestellt?
"Wenn wir die letzten fünf Jahre betrachten, ist das Gesamtvolumen in etwa das gleiche geblieben", meint Nikolaj Mladenow. "D.h., der Verbrauch steigt, jedoch auf relativ künstliche Weise. Der Grund dafür ist die schrumpfende Bevölkerung, woraus sich de facto ein steigender Pro-Kopf-Verbrauch ergibt. Die Hektoliterzahlen sind die gleichen. So ein statischer Markt ist recht schwierig. Das Einzige, worauf man bauen kann, ist innovativ zu sein, Marktanteile zu gewinnen und ein effizienteres Geschäftsmodell zu verfolgen. Gleichzeitig erwirtschaftet Zagorka seit vier Jahren rund 65% des Branchengewinns, d.h. das Unternehmen schreibt schwarze Zahlen."
Welches ist das größte Problem, mit dem die Brauereiindustrie in Bulgarien zu kämpfen hat?
"Das größte Problem ist die eingeschränkte Kaufkraft der Konsumenten", erklärt Nikolaj Mladenow. "Einerseits bleibt die Nachfrage gleich, andererseits sind Promotionsprodukte nachgefragt, also preisgünstigere Marken, was den Wert in der Kategorie zunichte macht. Das ist für uns die größte Herausforderung - der eingeschränkte Konsum und die relative Zahlungsunfähigkeit."
Der frühere Zagorka-Geschäftsführer, der Niederländer Ruud van den Eijnden, hat über seine vierjährige Tätigkeit an der Spitze von Heineken in Bulgarien einiges zu erzählen und berichtet stolz über die erzielten Ergebnisse. Auf die Frage, ob es einfach sei, in Bulgarien Geschäfte zu machen, antwortet er Folgendes:
"Im Großen und Ganzen würde ich diese Frage bejahen. Ich persönlich hatte in diesem Zusammenhang keine besonderen Hindernisse zu überwinden. Von Zeit zu Zeit hätte ich mir jedoch transparentere Gesetze in Bulgarien gewünscht. Was das Wirtschaftsumfeld betrifft, haben sich seit 2009 die Dinge in Bulgarien geändert, da die Krise noch nicht überwunden ist und die Unternehmen noch ums Überleben kämpfen müssen. Das ist eine wahre Herausforderung! Und deshalb verzeichnen wir seit fünf Jahren auch keinen Umsatzwachstum in Bulgarien sowie einen gleichbleibenden Konsum unseres Produkts. Wir arbeiten an einem Markt, der im Stillstand begriffen ist. Dieser Trend gilt jedoch nicht nur für Bulgarien, sondern auch für andere Staaten, in denen unser Unternehmen tätig ist."
Übersetzung: Christine Christov
Fotos: Weneta Nikolowa
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