Die Wirtschaftskrise hat auch ihre guten Seiten – wegen der schrumpfenden Wirtschaftsleistung und der zurückgehenden Aufträge gehen auch die Arbeitsunfälle zurück. Das Arbeits- und Sozialministerium stellte allerdings für 2013 fest, dass diese Zahl leider wieder zugenommen hat. Der Grund dafür ist aber bei weitem nicht in der wirtschaftlichen Belebung zu suchen, sondern viel mehr im gefährlichen Sparen der Arbeitgeber. Letztes Jahr gab es rund 2000 Arbeitsunfälle, mehr als 100.000 Arbeitstage gingen wegen Krankschreibungen infolge von Unfällen am Arbeitsplatz verloren. Inspektionen haben rund 200.000 Fälle von missachteten Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz festgestellt.
Diese Angaben wurden am gestrigen Welttag für menschenwürdige Arbeit veröffentlicht. Die Gewerkschaften in Bulgarien haben diesen Tag mit einer Aufklärungskampagne über die Einhaltung des Arbeitsrechts vermerkt und betont, dass in Bulgarien immer häufiger weder die Arbeitszeiten eingehalten, noch die Löhne und Gehälter fristgemäß ausgezahlt werden. Viel schlimmer sieht es aber in Betrieben aus, wie der Sprengstofffabrik in Gorni Lom, wo eine Explosion letzte Woche 15 Menschen in den Tod gerissen hat. Die bisherigen Ermittlungen deuten darauf hin, dass die Ursache für den schwerwiegenden Unfall auf massive Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz zurückzuführen ist. Über die Sicherheit am Arbeitsplatz sprachen wir mit dem Experten Walentin Iliew.
„Die Gesetze in Bulgarien sind modern und EU-konform, das Problem ist ihre Umsetzung“, sagt Walentin Iliew. „Seit Jahren werden Gesetze in Bulgarien nicht eingehalten, und das trifft auch für das Arbeitsrecht zu. Die Korruption hat dazu geführt, dass die Rechtstaatlichkeit in Bulgarien in Frage gestellt wird. Für die Arbeitgeber sind die Gewinne erste Priorität. Gespart wird an der falschen Stelle – an Sicherheit und an Bezahlung. Die Kontrollorgane prüfen meistens anhand von Papierdokumentation. Es finden keine Schulungen statt. Selten wird in die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter investiert“, behauptet Walentin Iliew.Die guten Arbeitsbedingungen kosten Geld, diese Investition rechnet sich aber langfristig, denn gesunde und zufriedene Mitarbeiter sorgen für eine höhere Wirtschaftsleistung. Die Arbeitsmedizin war in Bulgarien nach dem Zusammenbruch des Sozialismus lange Jahre vernachlässigt und wurde erst wieder mit dem EU-Beitritt 2007 als Grundvoraussetzung eingeführt. Vor solchen Tragödien, wie jüngst in der Sprengstofffabrik in Gorni Lom, haben die Experten, wie Walentin Iliew, mehrfach gewarnt. Doch, ihre Stimme wird gern überhört.
Redaktion: Vessela Vladkova
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