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Orescharski ade – Portrait eines glanzlosen Politikers

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Foto: BGNES

Vielleicht sollten wir uns Asche aufs Haupt streuen und zugeben, dass wir den zurückgetretenen Ministerpräsidenten Plamen Orescharski nicht jetzt, sondern vor einem Jahr unter die Lupe hätten nehmen sollen. Dann wäre uns sein Verhalten als Regierungschef möglicherweise nicht so schleierhaft, wie es uns in diesen 421 Tagen erschien. Aber, wie heißt es so schön – im Nachhinein ist man immer schlauer.

„Ich bin kein Politiker“, betonte Plamen Orescharski immer wieder gern. Wikipedia wird ihn als Ministerpräsident Bulgariens 2013-2014 führen. Dort werden Bezeichnungen, wie „glanzlos“ und „marionettenhaft“ fehlen. Im Wikipedia-Artikel werden mehr oder weniger nur das Datum seines Amtsantritts als Regierungschef und das seines Rücktritts aufgeführt. In den Köpfen der Bulgaren wird sich aber ganz sicher ein anderes Datum einprägen – 14. Juni 2013, als Tausende seinen sofortigen Rücktritt auf Sofias Straßen gefordert haben und 14 Monate ausharren mussten, bis er endlich sein Büro im Regierungsgebäude geräumt hat.

Fragt man sich, wofür Orescharski in der Politik stand, welche Politik er machte oder ob er dem linken oder dem rechten politischen Spektrum zuzurechnen ist, wird man lange nachdenken müssen. Und keine Antwort wissen. Doch, Orescharski gehört zum politischen Leben Bulgariens seit nun schon zwölf Jahren! Er mag sich nicht als einen Politiker wahrnehmen, er ist es aber. Und steht für viele in Bulgarien für rückgratlos und schleierhaft.

Zum ersten Mal seit der beispiellosen Wirtschafts-, Finanz- und Bankenkrise von 1996/97 ist die Stabilität der bulgarischen Finanzen in Frage gestellt. Das viertgrößte Geldinstitut des Landes steht unter Sonderaufsicht, die Bankkonten der Kunden dort sind vorerst gesperrt. Die tagelange Prüfung der Zentralbank stellte ernüchternde Fahrlässigkeit der Bankenaufsicht und unerhörten Betrug in Milliardenhöhe fest. Es war die Rede von Sondergesetzen und Aufstockung des Staatshaushalts. Und nirgendwo war die Meinung des Ministerpräsidenten Orescharski zu hören. Dabei ist er kein Politiker, wie er gern betont. Dafür aber ein Finanzfachmann. Der Finanzfachmann am Staatsruder schwieg. Er kommentierte die Risiken der Bankaffäre nicht, schwieg über die möglichen Auswege, äußerte sich zur vernachlässigten Bankenaufsicht nicht, und unterstütze oder verwarf die zunächst geplanten Gesetzesänderungen nicht. Stattdessen nahm er den Hinterausgang, als die Journalisten ihn mit ihren lästigen Fragen jagten.

Plamen Orescharski, der Ministerpräsident, glänzte auch nach der Flutkatastrophe in Warna mit seiner Abwesenheit. In den ersten Stunden nach den verheerenden Überschwemmungen ließ er sich im Rathaus in Warna blicken, nicht bei den Betroffenen. Und sobald klar wurde, dass die Flutwelle nur wegen massiver illegaler Bebauung im Wald in die Stadt rollte, verschwand er wieder von der Bildfläche.

Der Nicht-Politiker Plamen Orescharski ist seit 2002 in der Politik. Damals war der spätere Ministerpräsident einer sozialliberalen Regierung stellvertretender Vorsitzender der bürgerlichen Union der demokratischen Kräfte UDK. Zuvor war er stellvertretender Finanzminister in der bürgerlichen Regierung von Iwan Kostow. 2003 ernannte ihn die bürgerliche UDK zum Spitzenkandidaten bei der Bürgermeisterwahl in Sofia. Diese Kandidatur scheiterte nicht zuletzt an seinen dubiosen Beziehungen zur Mafia. Zwei Jahre später wechselte Orescharski die Fronten und wurde Finanzminister im Kabinett des Noch-Sozialistenchefs Sergej Stanischew. Die Lehrer in Bulgarien haben ihn spätestens seitdem auf ihrer Abschussliste – während des wochenlangen Lehrerstreiks leistete sich Orescharski derbe Kommentare über die streikenden Lehrer. Und dann wurde Orescharski, auch wenn er formell kein Mitglied der sozialistischen Partei war, Abgeordneter der Sozialisten im Parlament. Auf so eine politische Biografie dürften einige Politiker in Bulgarien neidisch werden. Hochrangige Posten in drei Regierungen, Abgeordneter und Entscheidungsträger in zwei diametral unterschiedlichen politischen Kräften.

Dieser Werdegang ist die Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet Plamen Orescharski zum Ministerpräsidenten einer Koalitionsregierung ohne Koalitionsvertrag bestimmt wurde. Er ist einfach bequem. Und er hat seine Marionettenrolle einwandfrei gespielt. Nun ist er von der Bühne abgetreten. Für wie lange?





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