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Bulgarien und der Euro: eine Zweckehe - doch für die Ringe ist es noch zu früh

Bulgarien hat gerade eine Bankenkrise hinter sich. Eine Krise - weitestgehend erdacht und ohne reelle Gründe, die jedoch wie jede andere Krise auch eine Reihe von Fragen aufwirft. Wie z.B., ob Bulgarien, wenn unser Land in der Eurozone gewesen wäre, der Krise hätte ausweichen und diese hätte bewältigen können, in dem es auf die Hilfe der restlichen Euroländer und der Europäischen Zentralbank zählt? Diese Frage ist vor dem Hintergrund der Bemühungen der Euroländer in den letzten Jahren zur Rettung von Griechenland durchaus berechtigt.

Übrigens hat Bulgarien seit der Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung mit dem Euro ein Problem. Lange zuvor hatte man die bulgarische Landeswährung über den Währungsrat mit einem fixierten Wechselkurs an die Deutsche Mark gebunden. Mit der Einführung des Euro in Deutschland wurde die bulgarische Landeswährung automatisch an den Euro gekoppelt und damit an seine Höhen und Tiefen, und das ohne den Beitritt des Landes in die Eurozone. Seither interpretiert, analysiert, kommentiert und prognostiziert man über die Vorteile und Perspektiven der Mitgliedschaft in diesem recht verschlossenen Klub, dem unser Land de facto angehört, jedoch ohne offizielle Mitgliedskarte mit den entsprechenden Rechten und Pflichten.

"Für den Eurozonenbeitritt gibt es weder ein festgelegtes Datum noch irgendeine Frist. Alljährlich erfüllt Bulgarien bestimmte Betrittskriterien", erklärt der Wirtschaftsexperte Latschesar Bogdanow vom Institut Open Society. "Es gibt Dinge, die sich nicht ändern und welche mit der Gesetzgebung für die Zentralbanken verbunden sind. Es sind nur Kleinigkeiten, die selbstverständlich der Änderung unterliegen, wenn Bulgarien ein klares Zeichen erhält, dass es in der nächsten Erweiterungsphase dabei ist."

Die langjährige Zuneigung Bulgariens für den Euro scheint weder geteilt noch so stark wie früher zu sein. Fakten belegen, dass weder die Europäische Zentralbank den Wunsch nach neuen Mitgliedern hegt, noch die Eurozonenländer an einer unverzüglichen Erweiterung interessiert sind und auch die politischen Parteien und Wirtschaftskreise in Bulgarien die Einführung des Euro nicht unbedingt als eine unaufschiebbare Priorität erachten. Bleibt die Tatsache, dass im Beitrittsvertrag des Landes die obligatorische Einführung des Euro verankert ist. Allerdings steht nicht geschrieben, wann. Bulgarien erhebt seit langem den Anspruch, dass es finanziell zu den stabilsten Ländern Europas zählt und was seine Haushaltsrestriktionen betrifft, von den meisten Euroländern nur beneidet werden könne. Dazu kommen die Werte für den Schuldenstand, die Inflation, für das Haushaltsdefizit usw., im Zuge welcher die Regierung versichern kann, dass Bulgarien in der Praxis die formellen Kriterien für den Eurozonenbeitritt erfüllt.

"Gegenwärtig scheint man abzuwarten", meint Latschesar Bogdanow. "Ein zweiter wichtiger Fakt ist, dass das Land die Maastricht-Kriterien nicht nur erfüllen, sondern nachhaltig erfüllen muss. Im Grunde genommen ist das das Element der Subjektivität, d.h. selbst wenn man derzeit die Kriterien erfüllt, bestehen Zweifel, dass diese auch in Zukunft nachhaltig erfüllt werden."

Vor diesem Hintergrund kann resümiert werden, dass es weder Bulgarien eilig hat, den Euro einzuführen, noch die Eurozone dringend neuer Mitglieder bedarf. Es ist offensichtlich, dass die Partner der in Zukunft unausweichlichen Zweckehe noch nicht bereit sind, die Ringe überzustreifen und sich nachhaltig zu binden.

Übersetzung: Christine Christov

Fotocollage: Silvia Petrowa



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