Eine regierungs-, aber nicht unbedingt parteiunabhängige Stiftung hat die Registrierung als Wahlbeobachter für die EU-Wahl am 25. Mai geschafft. Die Wahl der 17 bulgarischen Europaabgeordneten werden von sage und schreibe 1000 freiwilligen Helfern der Stiftung beobachtet. Die Stiftung „Jugendtoleranz“ hat ihr Büro in einer der Parteizentralen der regierenden Koalition in Sofia. Das sorgte bei einigen politischen Beobachtern in Sofia und auch bei Mitgliedern der Zentralen Wahlkommission für Aufregung. Es dürfe nicht mehr zugelassen werden, dass die Parteien ihre Tochterorganisationen als unabhängige Wahlbeobachter registrieren. Als besonders problematisch im konkreten Fall sieht es der Politologe und Mitglied der Zentralen Wahlkommission Zwetozar Tomow, dass das frisch geänderte Wahlgesetz die Befugnisse der Wahlbeobachter erweitert hat. So haben sie am 25. Mai zum ersten Mal Zugang zu jeder einzelnen Etappe des Wahlverfahrens. Und sie dürfen in jedem beliebigen Wahllokal ohne Voranmeldung ihr persönliches Wahlrecht ausüben. Politische Beobachter in Bulgarien befürchten, dass es so zu Wahlmanipulationen kommen könnte.
Die Vorsitzende der besagten Stiftung, Ikmal Dschomowa, gab gegenüber dem Bulgarischen Rundfunk zu, dass sie mit der Partei der bulgarischen Türken DPS, dem Juniorpartner in der Regierung also, sehr eng zusammenarbeite. Sie ist auch Pressesprecherin des Umweltministeriums, das von der DPS geleitet wird. Und bis vor kurzem auch noch Vorsitzende der Jugendorganisation der Partei. Dschomowa erklärte, ihre Stiftung „Jugendtoleranz“ habe die bisher rekordverdächtige Zahl von 1000 Wahlbeobachtern rekrutiert, um die jungen Menschen in Bulgarien für die Politik zu begeistern. Sie sollten aktiver sein und die Wahlbeobachtung sei eine gute Gelegenheit, die jungen Menschen am politischen Prozess im Land teilhaben zu lassen. Nun ja, dafür gebe es sicherlich auch bessere Möglichkeiten. Und vor allem solche, die keinen Parteieinfluss auf die freien Wahlen in Bulgarien vermuten lassen.
Solche Vermutungen äußerte der angesehene Politikwissenschaftler Antonij Galabow, der seit der Wende mit Transparency International alle Wahlen in Bulgarien beobachtet und analysiert hat. Aus seiner bisherigen Erfahrung weiß er, dass es sehr schwierig ist, 1000 freiwillige Helfer binnen zehn Tagen zu rekrutieren und sie entsprechend auszubilden. Galabow zweifelt die Kompetenz der frischgebackenen Wahlbeobachter stark an. Viel mehr schließt er nicht aus, dass die Wahlbeobachter nun selbst beobachtet werden müssen, damit sie sich am Stichtag nicht als ein Risiko erweisen. Unklar bleibt auch, wie die Aktion der fragwürdigen Stiftung finanziert wird. Denn auch, wenn die freiwilligen Helfer unentgeltlich die Wahlen beobachten werden, entstehen Kosten.
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