"Ich gewann den Franz-Liszt-Wettbewerb, bekam ein Stipendium und blieb dort. Gleichzeitig war ich sehr begeistert vom russischen Pianisten und Dozenten Lazar Bermann. Während meines Studiums in den Niederlanden fuhr ich sehr oft nach Deutschland, um Stunden bei ihm zu nehmen. Für mich zählt diese Zeit zu den markantesten Momenten in meinem Leben, in meiner Entwicklung als Solist. Nach meinem dreijährigen Studium in Amsterdam beschloss ich, in die USA zu gehen. Zu meiner großen Überraschung fühlte ich mich dort sehr wohl und hängte ein weiteres Studienjahr dran. So hat es mich nach New York verschlagen, wo ich bereits seit mehreren Jahren lebe."
Im Jahr 2000 gibt die Bulgarin ihr Debüt in der Carnegie Hall. Bisher hat sie fünf CDs herausgegeben, die sechste ist in Arbeit. Sie kehrt sehr gern nach Bulgarien zurück, steht jedoch nur selten in ihrer Heimat auf der Bühne. Deshalb war ihr Konzert am 22. April im Studio 1 des BNR für ihre Fans ein Riesenerlebnis. Gewidmet war das Konzert ihrem verstorbenen Lehrer Prof. Anton Dikow, der sie drei Jahre unterrichtete und in ihrem Bewusstsein tiefe Spuren hinterlassen hat. Während ihres kurzen Aufenthalts in Sofia machte die Pianistin einige Aufnahmen für das Archiv unseres Hauses. Die von ihr ausgewählten Komponisten und Werke sind: Alexander Wladigerow - "Toccata", Sergej Rachmaninow - Prelude Nr. 6, op. 23, Sergej Bortkiewitsch - "Mazurka" Nr. 1 und 2 und Richard Wagner - "Isoldes Liebestod" in der Bearbeitung von Franz Liszt.
Ihre Liebe gilt nicht nur der Romantik. Nadja Wlaewa mag auch Werke weniger bekannter Autoren. "Mit den Jahren kehre ich zu meinen Wurzeln zurück, speziell zu den russischen Komponisten", erzählt die Pianistin. " Noch mehr berührt mich jedoch das Gemüt der slawischen Musik. Inmitten dieser `Leidenschaft` ist das Schaffen von Bortkiewitsch angesiedelt, was neu für mich ist. Von ihm gibt es noch unveröffentlichte Werke. Er hatte ein sehr schweres Leben. Während des Krieges hat er viele seiner Werke eingeschickt, die jedoch nicht veröffentlicht wurden. So wurde kürzlich seine zweite Sonate entdeckt und ich habe sie gespielt. Mit den ersten Tönen fühlte ich, wie tief die Musik mich berührt, wie nah sie mir ist. Der Ausdruck, die Nostalgie, die Lyrik, die Virtuosität in der russischen Musik - all diese Eigenschaften berühren mich unheimlich stark. Die Pianisten müssen auf ihrem Instrument `singen`. Genau das zieht mich an und ist bei Interpretationen russischer Komponisten gefragt. All das begeistert mich ungemein."
"Seit drei Monaten stehe ich bei Yamaha unter Vertrag", erzählt Nadja Wlaewa weiter. "D.h. für meine Auftritte stellt mir die Firma ihre Instrumente zur Verfügung. Im Januar war ich auf einer Veranstaltung, auf welcher ein kurzer Film über mich gezeigt wurde. So wurde Yamaha auf mich aufmerksam. Selbstverständlich kann ich auch auf Instrumenten anderer Firmen spielen. Wenn ich jetzt nach New York zurückkehre, reise ich gleich nach Kalifornien weiter, wo ich für diese Firma einige Konzerte geben werde. Dabei handelt es sich um kurze Präsentationen, kombiniert mit kurzen Vorträgen, auf denen auch der besagte Film gezeigt wird."
Auf diesem Forum spielt Nadja Wlaewa die "Toccata" von Alexander Wladigerow - ein Stück, das seit längerem in ihrem Repertoire einbegriffen ist. Auch die neuentdeckten Werke von Sergej Bortkewitsch stehen auf dem Programm. Der der Pianistin gewidmete Film ist ein vierminütiger Videoclip zur "Ouvertüre aus der Kantate" von Bach in der Bearbeitung von Camille Saint-Saëns (Камий Сен Санс). Das Werk ist auch auf ihrer jüngsten CD enthalten. Von diesem Werk inspiriert, drehte der Regisseur Bracey Smith einen Kurzfilm über Nadeschda Wlaewa. Dieser zeigt das Leben der Pianistin, u.a. auch Aufnahmen aus Sofia. Künstlerisch gestaltet wurde er von Neil Dvorak. Die Premiere fand im Vorjahr im Lincoln Center statt. Auch wurde er im Museum für Modernde Kunst gezeigt und ist seitdem auf verschiedenen Festivals in den USA zu sehen.
Übersetzung: Christine Christov
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