Eine Saatgut-Karawane (International Solidarity Caravan for Seed Freedom) macht sich dieser Tage auf dem Weg durch ganz Europa. Die Initiative griechischer Landwirte setzt sich zum Ziel, mehr Anhänger für den Freihandel mit Saatgut zu gewinnen. Eine geplante EU-Saatgutverordnung sollte verschiedene Richtlinien für den Verkauf von Saatgut zusammenfassen und europaweit harmonisieren. Das hätte bedeutet, dass es bei der Umsetzung im Mitgliedsstaat keine nationalen Spielräume mehr gegeben hätte. Die Abgeordneten des Europaparlaments haben jedoch diesen Vorschlag der Kommission im März mit deutlicher Mehrheit zurückgewiesen.
Soviel zum Hintergrund. Nun will die Saatgut-Karawane für mehr Aufmerksamkeit für die Problematik sorgen. Die Zertifizierung von Saatgut ist in der Regel ein kompliziertes und kostspieliges Verfahren, das zudem die traditionellen Obst- und Gemüsesorten zum Verschwinden verdammt. Dabei sind ortstypische Sorten oft schmackhafter und gesünder, als die Sorten der internationalen Saatgutkonzerne. Das zur Zeit zugelassene Saatgut wird zu 60 Prozent von dem Angebot der großen Konzerne dominiert, darunter Monsanto, Astra Zeneca, Bayer, Syngenta u.a. Die geplante Saatgutverordnung wurde zwar vom Europaparlament abgelehnt, kann jedoch vom EU-Ministerrat noch durchgewunken werden. „Dies würde den Handel unter Hobbygärtnern zum Beispiel unmöglich machen, weil dies die Verordnung als Verkauf deutet. Und das wiederum setzt voraus, dass der Verkäufer lizenziert ist“, erläutert Dr. Katja Uzundschiewa vom Institut für Pflanzen und Genetik.
Die Debatte pro und contra der EU-Saatgutverordnung wird in der bulgarischen Presse „Debatte um die Großmutters Tomate“ genannt. Und zurecht. Denn eine der beliebtesten Tomatensorten in Bulgarien wäre durch die geplante Verordnung gefährdet. Die Sorte „Büffelsherz“ – so genannt wegen der Tomatenform, die einem Herz ähnelt – zeichnet sich durch einen besonders starken und saftigen Geschmack, den jeder Bulgare vom Garten seiner Großmutter her kennt. Die Liste der schmackhaften Sorten aus unserer Kindheit kann beliebig lang fortgesetzt werden, denn diese Sorten werden von den Saatgutunternehmen nicht geführt.
Die Saatgut-Karawane erklärt sich gegen die geplante Einschränkung durch die EU-Verordnung und startet am Sonntag im benachbarten Griechenland. Die Idee dazu hatten Landwirte aus dem griechischen Peliti, die an jedem ersten Samstag nach Ostern eine kostenlose Saatgutausstellung und Verkauf organisieren. Dieses Jahr wird die Veranstaltung die Form einer Wanderausstellung übernehmen. Und so führt der Weg der Saatgut-Karawane über Ancona und Florenz in Italien; danach geht es in die Pyrenäen nach Frankreich und weiter durch alle südeuropäischen Länder.
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