Den drei Stromversorgern in Bulgarien soll die Lizenz entzogen werden. Aber wohl nicht so ganz, denn die zuständige Regulierungsbehörde geht sehr zaghaft vor. In dem Streit geht es um die Kosten zur Förderung von Ökostrom. Die drei ausländischen Energieversorger – die niederösterreichische EVN und die tschechischen CEZ und Energo-Pro, sollten nämlich diese Kosten übernehmen, die von der Regulierungsbehörde mit umgerechnet rund 220 Millionen Euro beziffert werden. Der staatliche Energiekonzern NEK, der in akuter Schuldenkrise steckt, protestiert nun dagegen, dass die ausländischen Stromanbieter mit dem Geld nicht rausrücken. Und sie ihrerseits weisen jegliche Verantwortung für die Defizite in der Kasse der NEK von sich. Schuld an den Verlusten von NEK sei vielmehr die von der Regierung seit langem betriebene Politik zur Förderung von Ökostrom sowie das Unvermögen des Energieregulators, einen rechtlich gangbaren Mechanismus vorzuschlagen, um die Kosten dieser Förderung wieder hereinzubringen. Mehr noch – die drei Stromanbieter warnen bereits davor, dass es wegen der Pleite des staatlichen Konzerns in Zukunft zu einer Verteuerung von Strom in Bulgarien kommt.
Und genau davor hat jede Regierung in Bulgarien panische Angst. Es ist erst ein Jahr her, als das konservative Kabinett Borissow unter dem Druck der Straßenproteste gegen die hohen Strompreise zurücktreten musste. Die seitdem regierenden Sozialisten haben die Strompreise gleich herabgesetzt, in der Hoffnung, die Straße milder zu stimmen. Das gelang ihnen auch, die Frage ist jedoch, wie lange noch? Jedem ist klar, dass die staatlich kontrollierten Strompreise über kurz oder lang freigegeben werden müssen. Und dann?
Die Regulierungsbehörde, die eine Art Aufsicht auf die drei regionalen Stromversorger ausübt, hat sich mit dem eingeleiteten Lizenzentzugsverfahren zu weit aus dem Fenster gelehnt. Die aus rein politischen Gründen mehrmals herabgesetzten Strompreise haben das Chaos in Bulgariens Energiewirtschaft nur noch vertieft. Das ging auch der EU-Kommission zu weit – sie warnte letzte Woche Bulgarien, sich bitte schön an die Gesetze zu halten und die theoretisch unabhängige Regulierungsbehörde auch tatsächlich unabhängig regulieren zu lassen. Und überhaupt schaut das Ausland gespannt auf Sofia. Es häufen sich aber auch die Kommentare, dass die chaotischen Verhältnisse Bulgarien das Image eines stabilen Investitionsstandorts kosten werden. Rechtlich sichere Rahmenbedingungen sind das A und O jedes Investitionsvorhabens. Und in Bulgarien werden populistische Äußerungen von Möchtegern-Politikern wie Nationalistenchef Siderow geduldet, die Stromversorger sollen wieder verstaatlicht werden, während sich Bulgarien als EU-Mitglied zur Liberalisierung des Strommarktes verpflichtet hat. Da wundert es kaum, dass westliche Journalisten den bulgarischen Energiesektor als eine "Variete-Bühne" verhöhnen.
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