Vom Dienstag bis Donnerstag dieser Woche fand in der bulgarischen Hauptstadt Sofia eine internationale Konferenz statt, in dessen Mittelpunkt sich die Namensgeberin der Stadt – die Sophien-Basilika, geweiht der „Weißheit Gottes“, befand. An dem Forum beteiligten sich Archäologen, Historiker, Architekten, Restauratoren, Experten auf dem Gebiet des Museumswesens und auch Theologen nicht nur aus Bulgarien und den anderen Balkanländern, sondern auch aus Österreich, der Ukraine und den USA.
Es gibt gleich zwei Anlässe für die Konferenz, die zeitlich weit auseinander liegen: der erste Kirchenbau an dieser Stelle entstand vor 1.700 Jahren, während seit genau einem Jahr der unterirdische Teil der Öffentlichkeit zugänglich ist. Näheres erzählt uns Dr. Nadeschda Kirowa, Direktorin des Museums der Geschichte der Stadt Sofia:
„Das, was wir unter der heutigen Kirche zeigen, sind um die 50 gemauerte Grabanlagen von insgesamt etwa 100 erforschten, die aus dem 3. und 4. Jahrhundert stammen“, sagt die Historikerin. „Alles deutet darauf hin, dass nach dem Jahre 450 an dieser Stelle keine neuen Gräber angelegt wurden. Damit kann in etwa die Zeit der Errichtung der heutigen Sophien-Kirche bestimmt werden. Auch wenn der Baubeginn nicht gleich erfolgt sein sollte, so lag offensichtlich bereits der Beschluss vor, an dieser Stelle eine größere Kirche zu bauen. Also wurden die Beerdigungen hier eingestellt. In der Exposition zeigen wir auch die Überreste der drei älteren Kirchenbauten. Beim ersten hat es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um ein Martyrion, d.h. eine Verehrungsstätte für einen christlichen Martyrer gehandelt. Später wurde das Gebäude erweitert, scheint aber den Größenanforderungen der Gläubigen nicht genügt zu haben, so dass ein größerer Kirchenbau in Angriff genommen wurde. Doch auch dieser wurde zerstört, um einer imposanteren Kirche Platz zu machen. Aus unbekannten Gründen wurde die neue Kirche nur etwa ein Jahrhundert später wieder abgerissen und auf den gleichen Fundamenten völlig neu errichtet. Diesen Bau sehen wir eigentlich heute.“
Im Jahre 809 wurde Serdika, wie Sofia damals hieß, dem Bulgarischen Reich einverleibt und erhielt ein Jahrhundert später den Namen Sredetz. Die Sophien-Kirche erfreute sich einer großen Berühmtheit. Erste urkundliche Erwähnungen finden wir in einer Stifterurkunde aus dem Jahre 1329. Die Sophien-Kirche war damals eine der größten Bischofskirchen des Bulgarenreiches. In einer Urkunde des Zaren Iwan Schischman aus dem Jahre 1382, die dem Dragalewzi-Kloster, unweit der Stadt überreicht worden ist, wird vom “Gebiet der Kirche der Hl. Sophia” gesprochen. Seit jener Zeit scheint der Name der Kirche selbst auf die Stadt übertragen worden zu sein.
Nach der Einnahme der Stadt durch die Türken Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Sophien-Kirche auf Grund ihrer Größe als Zeughaus verwendet, wo wertvolle Beutestücke aufbewahrt wurden. Ihre Verwendung als eine Art Lagerhaus für die unterschiedlichsten Dinge ist bis ins 16. Jahrhundert nachweisbar, als sie in eine Moschee umgestaltet worden ist. Angebaut wurde ein Minarett und besonders die Innenausstattung wurde grundlegend verändert. Aber nicht nur des Menschen Hand bestimmte das Schicksal des Gebäudes.
Die wohl schlimmsten Schäden an der Bausubstanz entstanden in Folge von zwei schweren Erdbeben. Nach dem ersten im Jahre 1818 wurde es notdürftig wieder instand gesetzt. Nach dem zweiten 40 Jahre später ließ man es aber sein und nutzte einige heil gebliebene Räume für weltliche Zwecke.
Nach der Befreiung des Landes von der Türkenherrschaft 1878 änderte sich zunächst nichts und das teilweise eingefallene Bauwerk war Jahre lang der Witterung ausgesetzt. Stark gläubige Bürger richteten notdürftig im Südschiff eine Kapelle ein. Aber auch die Feuerwehr nutze den Bau, indem über der Kuppel ein Wachhäuschen eingerichtet wurde. Der allzu unansehnlich gewordene Bau sollte schließlich abgerissen werden, doch glücklicherweise fehlte es an den dazu nötigen Finanzen in der Stadtkasse.
Eine vollständige Sanierung erfolgte erst 1927. Wieder vollständig als Kirche genutzt, erhielt sie aber keine neue Innenausmalung. Sie wurde lediglich neu verputzt und wirkte durch ihre monumentale Schlichtheit, was auch heute, nach erneuten, ganze Jahrzehnte beanspruchende Restaurierungsarbeiten der Fall ist. Seit 1998 steht die Sophien-Kirche wieder den Gläubigen und natürlich Besuchern der bulgarischen Hauptstadt zur Verfügung. Vor nunmehr einem Jahr wurde der unterirdische Teil für Besichtigungen eröffnet.
Die altehrwürdige antike Basilika „Heilige Sophia“ ist in der Tat ein Besuchermagnet der bulgarischen Hauptstadt und ein weiteres Argument in der Kandidatur Sofias, 2019 Kulturhauptstadt Europas zu werden. In Unterstützung dieser Initiative wurde auch die dreitägige internationale Konferenz über die Sophien-Kirche veranstaltet.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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