Statuen russischer Soldaten, bulgarischer Partisanen und sozialistischer Helden erwachen in der bulgarischen Hauptstadt immer häufiger in ungewohnten Farben und sehen jedes Mal überraschend anders aus. Die Designer sind junge Leute, die sich mit Street art und konzeptuelle Kunst beschäftigen. Die Botschaften sind verschieden - manchmal ästhetisch, zuweilen aber auch ideologisch. Unabhängig von der Auslegung weckt jede neue Aktion neue und kontroverse Reaktionen in allen Kreisen der Öffentlichkeit.
Eines der „beliebtesten“ Denkmäler für Umgestaltungsaktionen ist das der Sowjetarmee im Zentrum Sofias. Die Diskussionen und zuweilen heftigen Streitigkeiten über seinen Sinn und seinen Standort im Zentrum der bulgarischen Hauptstadt begannen bereits nach dem Fall des Totalitarismus 1989, haben aber immer noch keine allseits befriedigende Lösung gefunden. Die Menschen sind sich nicht einhellig darüber, ob dieses Denkmal einen historischen Wert besitzt, oder lediglich ein finsteres Symbol der totalitären Vergangenheit ist.
Letztes Jahr wurde das sowjetische Denkmal mit Rosafarbe gestrichen und auf dem Sockel geschrieben: „Bulgarien entschuldigt sich”. Der Anlass dafür war der 45. Jahrestag der Invasion in die damalige Tschechoslowakei durch die Armeen des Warschauer Vertrages. Das hatte dem sogenannten Prager Frühling ein Ende bereitet. Bulgarien war nach der Sowjetunion das erste Land gewesen, das auf einen militärischen Eingriff beharrt hatte und das letzte, das sich mit Parlamentsbeschluss darüber entschuldigte (1990).
Im vergangenen Jahr wurde das Denkmal in eine Protestaktion zur Unterstützung für die russische Punkgruppe Pussy Riot einbezogen, die gegen die Diktatur von Wladimir Putin auftritt.
Zuvor, im Juni 2011, erwachten wiederum die Statuen der sowjetischen Soldaten als amerikanische Comicshelden, wie Superman mit einer Pistole, der Missetäter Joker, der Helfer von Batman - Robin, selbst Santa Claus fehlte nicht, der mit einem Fernglas bewaffnet erschien und sogar das Symbol von McDonald’s - der Clown Ronald konnte deutlich identifiziert werden. Die sowjetische Fahne ihrerseits wurde zur amerikanischen und unter der Skulpturengruppe stand die Losung: “Im Trend liegen”...
Die Gemeindeleitung von Sofia hat immer noch keine Entscheidung getroffen, was mit dem Denkmal passieren soll. Indessen gibt es immer neue und neue Aktionen unbekannter Künstler. Wegen der Einmischung Russlands in das autonome Gebiet Krim, wurde das Denkmal letzte Woche mit einer roten Aufschrift dekoriert: “Lässt die Ukraine in Ruhe!”
„Ein sowjetisches Denkmal in der bulgarischen Hauptstadt Sofia wurde mit den Färben gelb und blau gestrichen. Das sind die Farben der ukrainischen Fahne. Das ärgerte Russland.” So berichtete die BBC über die neuerliche farbliche Umgestaltung des Sowjetdenkmals. Die russische Botschaft in Bulgarien scheute nicht teilnahmslos zu und sandte eine offizielle Protestnote an das bulgarische Außenministerium, in der auf eine Ermittlung bestanden wird. Die Tat sei rowdyhaft und müsse bestraft werden, hieß es.
Zum 1. März wurde ihrerseits die Gedenkstätte “Bratska mogila” (Freundschaftshain) als Martenitza verkleidet. Die Martenitza ist ein bulgarisches Symbol des Frühlings in den Farben Rot und Weiß. Deshalb wurden die Figuren in roten und weißen Laken verpackt. Die Gruppe „Destructive Creation”, die die Idee realisierte, wählte gerade dieses Denkmal, um auszudrücken, dass wir nicht fremde Idole verehren, sondern die typisch bulgarischen Symbole finden und bewahren müssen.
Danach erschien das Denkmal in der Farben der polnischen und der ukrainischen Fahne, wegen des sogenannten Massakers von Katyn, das am 5. März 1940 in einem Wald beim Dorf Katyn verübt worden war. Dieses Massaker, angeordnet von Stalin und durchgeführt vom sowjetischen Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten (NKWD), gehörte zu einer Serie von Massenmorden an rund 25.000 Offizieren, Polizisten und Intellektuellen Polens in den damaligen Sowjetrepubliken Russland, Ukraine und Weißrussland.
Was symbolisieren die Soldaten-Statuen der Sowjetarmee? Diese Frage ist noch offen und spaltet nach wie vor die Gesellschaft. Die Bulgaren lebten Jahrezehnte lang mit dem Klischee der “Brüder Befreier”, begreifen aber langsam, dass die Geschichte auch aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden kann.
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