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100 Jahre Balkankriege: Scheitern der Londoner Friedensverhandlungen

Vertreter der Kriegsparteien bei der Schließung des Waffenstillstands vor Beginn der Londoner Friedensverhandlungen
Foto: wikipedia.org
Vor 100 Jahren wurden in London Friedensverhandlungen zwischen dem Balkanbund (Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro) und dem Osmanischen Reich geführt. Es waren drei Monate seit dem Ausbruch des Ersten Balkankrieges gegen das Imperium um die Befreiung von Gebieten mit überwiegend christlicher Bevölkerung vergangen. Neben der Friedenskonferenz der Verbündeten wurde in der britischen Hauptstadt auch eine Konferenz der Gesandten der Großmächte durchgeführt. Die europäischen Großmächte standen sich als zwei gegensätzliche Koalitionen gegenüber. Einerseits die Triple Entente mit Großbritannien, Frankreich und Russland, die den Balkanbund unterstützten. Andererseits gab es den Dreibund mit Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien, die die Integrität des Osmanischen Reiches als einen Verbündeten in einem bevorstehenden großen Krieg erhalten wollten, der später als Erster Weltkrieg in die Geschichte einging. Der Historiker Georgi Markow von der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften teilt Einzelheiten über die Verhandlungen in London mit:

"Sir Edward Grey, britischer Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten und Vorsitzender der Londoner Friedenskonferenz konnte eine Entscheidung der Gesandten über die Änderung der Grenze des Osmanischen Reiches südöstlich von Adrianopel durchsetzen. Der Stolperstein bei den Verhandlungen war eigentlich die Festung von Adrianopel selbst. Die Regierung von Kıbrıslı Mehmed Kamil Paşa war kategorisch gegen das Abtreten des Gebietes um die heutige Stadt Edirne. Man war lediglich bereit, Albanien, Mazedonien und Epirus eine Autonomie zu gewähren. Bulgarien und seine Verbündeten forderten ursprünglich eine mit einem Lineal gezogenen Grenze zwischen den Städten Midye am Schwarzen Meer und Tekirdağ (Rodosto) am Marmarameer. Die Großmächte waren dagegen, weil es sich um ein Gebiet zwischen dem Bosporus und den Dardanellen handelte, das als strategisch wichtig galt. Die Balkanbund-Staaten erklärten sich schließlich mit einer Grenze zwischen Midye und Enos einverstanden. Großbritannien, Frankreich und Russland räumten den für die Türken heiligen Stätten von Adrianopel einen Sonderstatus ein. So kam es zu der Einigung zwischen den zwei Koalitionen der Großmächte, die Kamil Paşa zur Einwilligung aufforderten. Dafür sollten Garantien für die osmanischen Besitzungen in Asien, dem Nahen Osten und Nordafrika gegeben werden."

Kamil Paşa, der pro-britisch eingestellt war, rief am 9. Januar eine erweiterte Regierungssitzung ein. Die hohen Beamten und Offiziere kamen zu dem Schluss, dass sie den Krieg nicht erfolgreich fortsetzen können und die Bedingungen der Großmächte akzeptieren müssen. In dieser Zeit wurde die Jungtürkenbewegung, zu der ein großer Teil der Offiziere gehörten, erneut stärker. Die Jungtürken bereiteten mit Hilfe der deutschen Diplomatie einen Staatsstreich vor, da sie der Ansicht waren, dass der Krieg noch nicht verloren sei. Unterstützt wurden sie von den Religionsführern. Sultan Mehmed V. Reşad, der sich formal für neutral erklärte, war über die Vorbereitung des Staatsstreiches informiert, der am 10. Januar durchgeführt wurde. Die Jungtürken fühlten sich auch durch die wachsenden Widersprüche zwischen Bulgarien und seinen Verbündeten ermuntert und bereiteten eine Gegenoffensive in Ost-Thrakien vor. So kam es am 16. Januar zu einem Ende der Verhandlungen in der britischen Hauptstadt.

"In Belgrad und Athen überwog allmählich die These, dass man bei der Verteilung der befreiten Gebiete vom Prinzip der faktischen Besetzung ausgehen sollte und entsprechend eine gemeinsame Grenze zwischen Serbien und Griechenland zwischen dem Vardar-Fluss und dem Ochrider See ziehen solle", erklärte der Historiker Georgi Markow. "Es wurden auch Verhandlungen über einen serbischen Freihafen in Thessaloniki geführt. Diese Verhandlungen waren sowohl Sofia, als auch Istanbul bekannt. Serbien und Griechenland hatten außerdem kein Interesse an einem baldigen Kriegsende. Sie wollten ihre Positionen im besetzten Mazedonien ausbauen. In der Zwischenzeit lieferte Deutschland der osmanischen Armee moderne Waffen, darunter Schnellfeuerkanonen und schwere Maschinengewehre sowie Munition. Entsandt wurde auch eine deutsche Militär-Mission. Die Artillerie wurde dem deutschen Kommando unterstellt und die Jungtürken-Regierung meinte, dass mit der neuen Bewaffnung und den frischen Truppen aus den arabischen Besitzungen des Reiches, eine Wende im Krieg erzielt werden kann. Der Plan sah eine Offensive von der Ortschaft Bolayir auf der Gallipoli-Halbinsel gegen die Vierte bulgarische Armee vor sowie eine Landung bei der Stadt Şarköy am Marmarameer und die Unterstützung der Garnison in der belagerten Festung von Adrianopel."

Die Kämpfe bei Bolayir, Şarköy und Adrianopel entschieden schließlich den Ausgang des Krieges, in dem das Osmanische Reich unterlag. Die bulgarische Armee errang in diesen Kämpfen neue Siege. Die Verbündeten Bulgariens schmiedeten ihrerseits hinter seinem Rücken weiter Pläne – der Zweite Balkankrieg klopfte an die Tür.

Übersetzung: Vladimir Daskalov
Redaktion: Wladimir Wladimirow
По публикацията работи: Weneta Pawlowa


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